Der Energiebedarf der Industriestaaten ist gigantisch – und dürfte gerade durch den rasanten Fortschritt in der Künstlichen Intelligenz noch einmal deutlich steigen. Darin sind sich viele Analysten einig. Doch es bleibt offen, woher diese zusätzliche Energie eigentlich kommen soll.
Genau in diesem Spannungsfeld zwischen wachsender Nachfrage und dem Druck zur Dekarbonisierung positioniert sich Rubis (ISIN: FR0013269123): ein französischer Spezialist für Energieverteilung und erneuerbare Stromproduktion mit starker Präsenz in der Karibik, Afrika und Europa.
Das Hauptgeschäft – die Versorgung von Unternehmen und Haushalten mit Benzin, Diesel oder Gas – gilt als Übergangstechnologie mit begrenztem Zukunftspotenzial. Auch viele Investoren sehen das kritisch: Die Aktie notiert mit einem einstelligen KGV, bietet dafür aber eine zweistellige Dividendenrendite. Über Jahre wurden Ausschüttungen verlässlich gezahlt und sogar erhöht – trotzdem hat die Aktie in den letzten fünf Jahren fast 40 Prozent an Wert verloren.
Quelle: Entwicklung des Aktienkurses der Rubis-Aktie
Doch es gibt Hoffnung: Das Unternehmen verbindet nun die herkömmliche Energieversorgung mit der Erschließung nachhaltiger Energiequellen. Investiert wird vorwiegend in Solaranlagen. Dieser Bereich soll in Zukunft deutlich wachsen. Und trotz eines herausfordernden Marktumfelds und zyklischer Einflüsse gelingt es Rubis immer wieder, solide Ergebnisse zu liefern – ein interessantes Profil für Investoren, die auf stabile Erträge und moderates Wachstum setzen. Auch Analysten sehen deutliches Wertaufholungspotenzial. Die Dividende dürfte trotz eines erwarteten Rückgangs weiter hoch bleiben. Mehr zum Geschäftsmodell, den letzten Jahreszahlen und den Chancen und Risiken soll die folgende Rubis Aktienanalyse zeigen.
Rubis ist ein französisches Unternehmen, das sich auf die Speicherung, Verteilung und Erzeugung von Energie konzentriert. Das Besondere: Das Geschäftsmodell des Öl- und Chemielogistikers basiert auf zwei zentralen Segmenten: dem Energievertrieb (Energy Distribution) und der erneuerbaren Stromerzeugung (Renewable Electricity Production). Dabei liegt der Fokus klar auf dem Energievertrieb, der 99 Prozent des Umsatzes von über 6,6 Milliarden Euro ausmacht. Das Segment der erneuerbaren Energien ist dagegen noch sehr jung, wächst aber dynamisch und spiegelt vor allem die Veränderungen der Energienachfrage aufgrund des Klimawandels wider. Damit setzt Rubis einen Fuß in einen potenziellen Wachstumsmarkt und geht disruptive Bedrohungen aktiv an. Doch zunächst zu den einzelnen Segmenten.
Energy Distribution
Der Energievertrieb ist, wie bereits erwähnt, das Kerngeschäft von Rubis. Es umfasst den Vertrieb von Flüssiggas (LPG), Kraftstoffen (Fuel) und Schmierstoffen (Bitumen) sowohl an Endverbraucher wie Haushalte, gewerbliche Kunden, Landwirtschaft und Industrie. Im Kern geht es hier um den Vertrieb von Kraftstoffen. Mit einem Volumenanteil von 71 Prozent ist er dominierend. Er ist auch der Wachstumstreiber, blickt man auf die 2024er Zahlen. Das kleinere Bitumengeschäft wuchs zwar fast doppelt so schnell, ist aber mit einem Umsatzanteil von 7 Prozent nahezu unbedeutend.
Quelle: Press Release FY 2024 Rubis
Auffallend ist vor allem die stark konzentrierte Präsenz. So ist Rubis ist zwar in mehreren Regionen tätig, darunter Europa, die Karibik, Afrika und Madagaskar. Aber vor allem nimmt das Geschäft in der Karibik und Afrika eine überaus stattliche Größe ein. Zusammen steht es für fast 85 Prozent des Volumens.
Darüber hinaus betreibt Rubis eine umfangreiche Infrastruktur aus Tanklagern, Tankstellen und LKW-Flotten, die eine effiziente und kontrollierte Lieferkette gewährleisten. Die geografische Diversifizierung und die stabile Nachfrage nach Energieprodukten machen das Unternehmen relativ krisenresistent, da die Nachfrage nach Heizgas oder Kraftstoffen in ländlichen Regionen weniger preissensibe und weitestgehend stabil ist. Dies zeigt sich auch in der Umsatzentwicklung, die zwar aufgrund der schwankenden Energiepreise durchaus zyklisch ist, aber in der Tendenz über die Jahre stetig nach oben zeigt. Vor allem die sehr beeindruckende Dividendenperformance, auf die wir im Kapitel Dividenden-Analyse noch näher eingehen werden, ist Ausdruck dieser tiefen Verwurzelung und starken Grundnachfrage nach Energieträgern. Doch die Equity Story hat mehr zu bieten.
Renewable Electricity Production
Hier setzt das zweite Segment, die regenerative Stromerzeugung, an. Sie stellt für Rubis ein neues Geschäftsfeld dar, das im Zuge der Energiewende zunehmend an Bedeutung gewinnt. Und auch an der Börse feiert man den Megatrend. Was macht Rubis hier?
Um es kurz zu machen: Es konzentriert sich auf die Entwicklung von Solarprojekten, insbesondere über das Joint Venture Rubis Renouvelables mit dem französischen Solarstromproduzenten Photosol, dessen Mehrheit man im Jahr 2022 übernahm. Investiert wird vorwiegend in Solarparks – vor allem in Frankreich. Aber es gibt auch Expansionspläne in anderen Märkten. Die Einnahmen des Segments stammen hauptsächlich aus dem Verkauf von Strom an nationale Netze, die häufig im Rahmen von Einspeiseverträgen oder Direktvermarktungsvereinbarungen mit Unternehmen stattfinden. Darüber hinaus nutzt Rubis seine eigenen Infrastrukturen wie Lager- und Tankstellendächer für die Installation von Solaranlagen, was in diesem Zusammenhang Synergien zwischen den beiden Geschäftsbereichen ermöglicht. So kann Rubis einerseits sein Portfolio langfristig dekarbonisieren, gleichzeitig aber auch von den wachsenden Märkten für erneuerbare Energien profitieren.
Ob die Strategie am Ende klug ist, bleibt abzuwarten. Schließlich ist der Bereich der regenerativen Energien im Big Picture abhängig von Subventionen. Da viele Regierungen hier derzeit großzügig Mittel zur Verfügung stellen, kann ein Unternehmen wie Rubis davon stark profitieren. Doch das große Geld gab es hier bisher nicht zu verdienen. Das bestätigen auch die Zahlen. So ist auf EBIT-Ebene im Jahr 2024 ein Verlust von 8 Millionen Euro der Sparte zuzurechnen. Perspektivisch könnte diese Ausrichtung aber durchaus Sinn machen, vor allem wenn man sein Geschäft auch stärker auf die Bereitstellung von Strom für Autos fokussiert. Einfach sind jedoch beide Märkte nicht, wie das nachfolgende Kapitel aufzeigen wird.
Markt und Wettbewerb
Der Energiemarkt, insbesondere in den Bereichen Energieverteilung und erneuerbare Energien, ist grundsätzlich von dynamischen Veränderungen geprägt. Einerseits durch technologische Innovationen und geopolitische Entwicklungen. Andererseits durch ein wachsendes Bewusstsein für Umwelt- und Klimafragen. Insbesondere der Übergang von fossilen Brennstoffen hin zu erneuerbaren Energien, getrieben durch globale Klimaziele und regulatorische Vorgaben, hat den Wettbewerb in der Energiewirtschaft stark verändert. Ja, von einer geradezu disruptiven Bedrohung kann man sprechen. Unternehmen müssen nun sowohl traditionelle Geschäftsmodelle in der Energieverteilung als auch neue, nachhaltige Geschäftsmodelle für die Energieerzeugung aus erneuerbaren Quellen wie Solar- und Windenergie entwickeln. Das kostet zunächst Geld, was besonders für kleinere Anbieter wie Rubis eine Herausforderung darstellen kann.
Auch ist der Wettbewerb intensiv. Aufgrund des Volumenmarktes ohne Einstiegsbarrieren ist eine Vielzahl von Akteuren vorhanden, die stark um Marktanteile in unterschiedlichen geografischen Regionen kämpft. Sie konkurrieren in einer Vielzahl von Segmenten, darunter die von Rubis geführten Flüssiggas, Kraftstoffe, Schmierstoffe und Elektrizität. Marktführer sind natürlich groß kapitalisierte multinationale Unternehmen, die über eine etablierte Infrastruktur und ein ausgedehntes Vertriebsnetz verfügen. Daneben gibt es aber auch kleinere, regional tätige Unternehmen, die durch Agilität und Spezialisierung auf bestimmte Nischen Märkte bedienen. Der Wettbewerb ist aber geprägt von Preissensibilität und der Notwendigkeit langfristiger Partnerschaften mit Industriekunden und Verbrauchern. Langfristige Lieferverträge helfen zu überleben. Die Herausforderung ist jedoch, dass die Nachfrage nach traditionellen Energieträgern in einigen Regionen sinkt. Regional agierende Unternehmen wie Rubis müssen daher ihre Angebote differenzieren und sich ständig auf Kostenoptimierung und Servicequalität konzentrieren, um ihre Marktposition zu behaupten.
Anders mag es zunächst im Markt für erneuerbare Energien aussehen, insbesondere für die Stromerzeugung aus Sonnen- und Windenergie. Er wächst schnell, wird aber auch von immer mehr Wettbewerbern umkämpft. Auch hier handelt es sich um einen Volumenmarkt ohne Markteintrittsbarrieren. Das Positive ist jedoch, dass dieser Markt durch internationale und nationale Klimaziele, staatliche Subventionen und steuerliche Anreize gefördert wird. Schaut man in den letzten Geschäftsbericht von Rubis, so ist dies jedoch noch nicht ausreichend. Auf Segmentebene wurde 2024 ein Verlust von 8 Millionen Euro ausgewiesen. Große multinationale Energieunternehmen, die ihre Portfolios zunehmend mit erneuerbaren Energien diversifizieren, sind ebenso im Wettbewerb wie aufstrebende Unternehmen, die sich ausschließlich auf die Entwicklung von Solar- und Windparks konzentrieren. Wettbewerb findet in diesem Bereich nicht nur über den Preis der erzeugten Energie statt, sondern auch über den Zugang zu Fördermitteln, Genehmigungen und geeigneten Standorten für neue Projekte. Darüber hinaus spielen technologische Innovationen und Effizienzsteigerungen eine entscheidende Rolle. Und hier gilt: Unternehmen, die in der Lage sind, fortschrittliche Speichertechnologien zu entwickeln, um die intermittierende Natur der erneuerbaren Energien auszugleichen, oder die innovative Modelle zur Direktvermarktung von Solarstrom entwickeln, können sich einen Wettbewerbsvorteil verschaffen. Auch der Zugang zu Kapital für den Ausbau der Infrastruktur und die Skalierung von Projekten ist ein wichtiger Wettbewerbsfaktor.
Quelle: Entwicklung der Peer von Rubis; aktien.guide Charts
Zu den börsennotierten Wettbewerbern von Rubis in den Bereichen Energieverteilung und erneuerbare Energien zählen Unternehmen wie TotalEnergies, Royal Dutch Shell, BP und Eni. Besonders TotalEnergies ist ein globaler französischer Energiekonzern, der in den Bereichen Öl, Gas und zunehmend auch erneuerbare Energien tätig ist. Insbesondere im Bereich der Solar- und Windenergie hat sich das Unternehmen stark diversifiziert und steht damit in direkter Konkurrenz zu Rubis. Ähnlich verhält es sich bei Royal Dutch Shell, das im traditionellen Energievertrieb und gleichzeitig in der Erzeugung erneuerbarer Energien tätig ist. Shell verfolgt wie TotalEnergies eine Diversifikationsstrategie und ist insbesondere in den Bereichen Solarenergie und Elektromobilität weltweit aktiv. Auch BP hat eine vergleichbare Ausrichtung und strebt ebenfalls eine Transformation hin zu einer nachhaltigeren Energieerzeugung an, was es zu einem direkten Wettbewerber von Rubis in den Bereichen Energieverteilung und erneuerbare Energien macht. Und auch das italienische Unternehmen Eni ist mittlerweile ebenfalls in der Energieverteilung tätig, sowohl mit fossilen Brennstoffen als auch mit erneuerbaren Energiequellen. Vor allem konkurriert es mit Rubis, insbesondere in afrikanischen Märkten. Im Performance-Vergleich zeigt sich eine deutliche Underperformance der Rubis-Aktie. Die Öl-Majors haben Vorteile aufgrund ihrer Ölförderung, starken Cashflows und auch hohen Kapitalisierung.
Im Bereich der erneuerbaren Stromproduktion sind es Unternehmen wie Iberdrola und NextEra Energy, die sich auf die Produktion und den Vertrieb von Strom aus erneuerbaren Quellen spezialisieren und in den Märkten tätig sind, in denen Rubis ebenfalls versucht, seine Position auszubauen. Sie sind führend in der Solar- und Windenergiebranche und stellen eine zunehmende Konkurrenz im Bereich der erneuerbaren Energien dar.
Übernahmen von Rubis
Übernahmen zieren die Historie von Rubis. So wurden in den letzten Jahren gleich mehrere Transaktionen getätigt. Im Jahr 2024 verkaufte Rubis beispielsweise seine 55-%-ige Beteiligung an Rubis Terminal an die Private Equity Gesellschaft I Squared Capital Advisors. Zuvor, im Jahr 2022, erwarb Rubis den französischen Solarstromproduzenten Photosol, um seine Aktivitäten im Bereich erneuerbare Energien auszubauen. 2019 übernahm Rubis KenolKobil, einen führenden Distributor von Ölprodukten in Ostafrika, und im selben Jahr auch Gulf Energy in Kenia. Die starke Fokussierung auf afrikanische Länder bietet aber nicht nur Chancen, sie stehen auch für Risiken. Nicht nur politische, sondern vor allem auch wirtschaftlich durch die starke Inflation. Zudem nimmt der Goodwill die größte Bilanzposition bei Rubis ein.Die letzten Rubis Quartalszahlen von Dezember 2024
Im Jahr 2024 konnte Rubis eine tendenziel solide Leistung zeigen, obwohl das Unternehmen mit einigen Herausforderungen konfrontiert war. So gab es in Afrika Gegenwind. In der Karibik lief es dagegen besser. Insgesamt konnte der Umsatz auf Konzernebene stabil gehalten werden, das Nettoergebnis ging nur leicht auf 342 Millionen Euro zurück und lag damit im Rahmen der Guidance von 340 bis 375 Millionen Euro. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass der Rückgang auf den außergewöhnlichen Rekordwert des Vorjahres zurückzuführen ist.
Quelle: Gewinn- und Verlustrechnung Rubis 2024; aktien.guide
Außerdem wurde eine Dividende von 2,03 Euro pro Aktie – zusätzlich zu der bereits gezahlten ergänzenden Interimsdividende aus 2024 von 0,75 Euro (aufgrund des 55-%-Anteilsverkaufs von Rubis Terminal) – vorgeschlagen, was einer Steigerung von 2,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht. Es ist das nun 29. Jahr in Folge, in dem Rubis seine Dividende erhöht. Damit ist er einer der wenigen Dividenden Aristokraten in Europa. Möglich machen es unter anderem die starken Cashflows. Der Cashflow aus laufender Geschäftstätigkeit stieg 2024 um 18 Prozent auf 574 Millionen Euro. Gleichzeitig konnte die Nettoverschuldung stabil bei dem 1,4-Fachen des EBITDA gehalten werden, was die Solidität der Bilanz von Rubis einmal mehr unterstreicht. Auch bei der Gesamtverschuldung ging es im Vergleich zum Vorjahr rückwärts, um 5 Prozent.
Nach soliden Ergebnissen in den Jahren 2023 und 2024 erwartet Rubis auch für 2025 eine Normalisierung des Wachstums in der Karibik mit einer etwas geringeren Wachstumsrate. In Europa hingegen wird die positive Dynamik in der Energieverteilung anhalten, so das Management. Höhere Entwicklungskosten in der erneuerbaren Stromerzeugung werden das EBITDA 2025 zunächst belasten, aber zukünftiges Wachstum ermöglichen. Die Fremdkapitalkosten dürften aber aufgrund der Photosol-Entwicklung steigen. Bis 2027 soll hier ein Portfolio von mehr als 2,5 GWp (Gigawatt Peak) aufgebaut werden, das ein konsolidiertes EBITDA von 50 bis 55 Millionen Euro generiert. Im Jahr 2024 waren es 29 Millionen Euro. Nur zum Vergleich: In der Spitzenleistung entspricht das 2027 einer Leistung von fast zwei modernen Atomkraftwerken.
In Afrika hingegen bleibt die wirtschaftliche Lage instabil und die Performance hängt von politischen und regulatorischen Entwicklungen ab. Für 2025 wird auf Konzernebene ein EBITDA zwischen 710 und 760 Millionen Euro erwartet. Rubis verfolgt eine disziplinierte Kapitalallokation mit Schwerpunkt auf Erhaltungsinvestitionen, Dividenden und nachhaltigem Wachstum.
Quelle: Umsatz- und Margenentwicklung der Zukunft von Rubis; aktien.guide
Dass es weiter aufwärts geht, davon sind auch die Analysten überzeugt. Allerdings sind keine großen Sprünge zu erwarten. Konkret rechnen sie nur mit einem niedrigen einstelligen Wachstum pro Jahr bis Ende 2027. Die Ertragslage dürfte sich nicht wesentlich verbessern. Im Gegenteil: Die EBITDA-Marge soll laut Analysten in den kommenden drei Jahren um mehr als 1,5 Prozentpunkte sinken.
Die Dividenden-Analyse für die Rubis-Aktie fällt zunächst positiv aus und lässt die Aktie vor allem für einkommensorientierte Anleger interessant erscheinen. Mit einer Gesamtpunktzahl von 15 von 15 möglichen Punkten gehört Rubis sogar zu den absoluten Top-Performern der Dividendenstrategie. Das Unternehmen bietet damit eine überzeugende Kombination aus hoher Rendite, stabiler Ausschüttung und kontinuierlichem Wachstum. Doch nun zu den einzelnen Kategorien.
Quelle: Dividenden Score der Rubis-Aktie
Mit einer aktuellen Dividendenrendite von 11 Prozent erreicht Rubis den Höchstwert von drei Punkten in dieser Kategorie. Erklärbar ist sie jedoch mit einer zusätzlichen Interims-Dividende, die in 2024 aufgrund des 55-%-igen Terminal-Anteilsverkauf an die Aktionäre gezahlt wurde. Der hohe Wert dürfte nicht nachhaltig sein, wie die Prognosen zur Dividende zeigen. Dennoch sollten hohe Dividenden weiter fließen. Und auch im langfristigen Vergleich überzeugt die Dividendenaktie: Über die letzten zehn Jahre lag die durchschnittliche Dividendenrendite bei soliden 4,6 Prozent. Besonders bemerkenswert ist, dass die Ausschüttungsquote der letzten drei Jahre mit 74 Prozent im gesunden Rahmen liegt. Sie zeigt, dass Rubis zwar einen bedeutenden Teil seines Gewinns an die Aktionäre weitergibt, dabei aber noch ausreichend Mittel behalten mag. Näheres verrät der Free Cashflow.
Quelle: Rubis Dividendenhistorie 25 Jahre
Die Kontinuität der Dividendenzahlungen über zehn Jahre hinweg unterstreicht dabei die Verlässlichkeit des Unternehmens hinsichtlich seiner Ausschüttungspolitik. Zusätzlich hat Rubis die Dividende in den letzten fünf Jahren mit durchschnittlich 11,4 Prozent deutlich zweistellig pro Jahr gesteigert – eine beeindruckende Leistung.
Bewertung der Rubis-Aktie
Die Bewertung der Rubis-Aktie fällt im aktuellen Marktumfeld moderat bis günstig aus. Mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV TTM) von 8,2 liegt die Aktie deutlich unter dem Marktdurchschnitt. Auch das Verhältnis von Unternehmenswert zu freiem Cashflow (EV/FCF) liegt mit 13 in einem vertretbaren Bereich. Historisch wurde häufig mehr gezahlt.Zudem fällt auf, dass EV/Free Cashflow Ratio über dem KGV liegt. Blickt man auf die Kennzahlen Gewinn und Free Cashflow, die zur Berechnung herangezogen werden, so erklärt sich einiges: So liegt der freie Cashflow regelmäßig etwas unter dem Nettogewinn liegt – ein Hinweis auf gewisse Investitionsbedarfe oder Unterschiede im Working Capital. Grundsätzlich muss das nichts Schlimmes bedeuten, doch eine Vollausschüttung würde den Kapitalbedarf zusätzlich erhöhen.
Quelle: Bewertungen der Rubis-Aktie
Beim Umsatzwachstum zeigt sich Rubis aktuell eher schwach. Mit einem durchschnittlichen Wachstum von lediglich 0,21 Prozent lässt sich keine starke Expansionsdynamik erkennen. Allerdings ist zu beachten, dass Rubis in einem zyklischen Markt agiert. Die Geschäftsentwicklung wird stark von makroökonomischen und geopolitischen Faktoren sowie von Rohstoff- und Energiepreisen beeinflusst. Solche Zyklen führen häufig zu Schwankungen bei Umsatz und Gewinn, was rein statische Wachstumskennzahlen verzerrt. Zudem führen auch Übernahmen zu sprunghaften Veränderungen der Umsatzbasis, die es zu verstehen gilt.
Quelle: Rubis Entwicklung des Umsatzwachstums
Insgesamt wirkt die Aktie aus Bewertungssicht zunächst attraktiv, insbesondere im Hinblick auf das niedrige KGV und die hohe Dividendenrendite. Das geringe Umsatzwachstum relativiert sich im Kontext der zyklischen Branche. Wer sich in diesem Umfeld wohlfühlt und zyklische Schwankungen aushalten kann, findet in Rubis also eine solide bewertete Aktie mit defensivem Charakter und stabiler Ausschüttungspolitik. Doch könnte die niedrige Bewertung auch ein Ausdruck der Ängste von Investoren sein. Schließlich ist Rubis disruptiv bedroht, sollten irgendwann nur noch E-Autos auf den Straßen fahren. Eine Transformation des Geschäftsmodells ist kostspielig und besonders schmerzhaft für kleinere, regional fokussierte Anbieter wie Rubis. Zudem wird in politisch instabilen Märkten ein nicht unerheblicher Teil des Geschäfts generiert, was Chancen und Risiko erhöht.
Aus meiner Sicht ist Rubis ein solides, aber häufig übersehenes Unternehmen, das in einem eher nüchternen, dafür aber stabilen Geschäft tätig ist. Es verbindet klassische Energieverteilung – in Nischenmärkten wie der Karibik oder Teilen Afrikas – mit einem zunehmenden Fokus auf erneuerbare Energien. Das allein macht Rubis zwar noch nicht zu einem dynamischen Wachstumswert, aber sehr wohl zu einem verlässlichen Cashflow-Lieferanten mit einem strategischen Blick in die Zukunft.
Was mir persönlich besonders gefällt, ist die langfristig orientierte Unternehmensführung. Die seit fast drei Jahrzehnten kontinuierlich steigende Dividende zeugt von finanzieller Disziplin und Aktionärsfreundlichkeit. Auch die Bewertung erscheint derzeit attraktiv: Ein KGV von 7,5 und eine zweistellige Dividendenrendite sind in dieser Qualität selten zu finden. Wenn doch (wie bei Rubis aktuell), könnten sie Risiken wie eine bevorstehende Dividendenkürzung implizieren. Dass der Free Cashflow regelmäßig leicht unter dem Nettogewinn liegt, ist in Anbetracht der Investitionen in den Bereich der erneuerbaren Energien für mich noch kein Grund zur Sorge, sondern eher ein Zeichen dafür, dass Rubis bereit ist, seine Zukunft aktiv zu gestalten. Übernahmen gehören dazu.
Natürlich sind die Franzosen zyklischen Einflüssen ausgesetzt, was sich auch im stagnierenden Umsatzwachstum widerspiegelt. Aber gerade darin sehe ich eine Stärke: Rubis ist in Märkten tätig, die nicht immer im Fokus stehen, dafür aber eine stabile Nachfrage aufweisen, insbesondere im Bereich der Grundversorgung mit Energie. Problematischer sehe ich hingegen die relative Größe. Mit einem Enterprise Value von etwa vier Milliarden Euro ist Rubis zwar nicht klein, aber im Vergleich zu den Oil-Majors ein Zwerg. Diese haben sich zuletzt auch deutlich besser entwickelt als Rubis.
Quelle: Analystenmeinungen zur Rubis-Aktie
Die Einschätzungen der Analysten zu Rubis sind dennoch überwiegend positiv. 80 Prozent der bewertenden Analysten empfehlen die Aktie zum Kauf, während 20 Prozent eine Halteempfehlung aussprechen. Verkaufsempfehlungen gibt es derzeit keine, allerdings ist die Anzahl der Analysten mit fünf auch äußerst gering.
Das durchschnittliche Kursziel liegt bei 33,40 Euro und damit deutlich über dem aktuellen Kursniveau von rund 24,90 Euro. Ein Kurspotenzial von mehr als 34 Prozent zeigt, dass Rubis aus Sicht der Analysten unterbewertet sein könnte und über erhebliches Aufholpotenzial verfügt. Die Analysten trauen der Rubis-Aktie also trotz zyklischer Einflüsse, transformativer Risiken und nur moderater Wachstumszahlen eine überaus positive Kursentwicklung zu. Eine solide Bilanz, die stabile Dividendenpolitik und der Ausbau der regenerativen Aktivitäten scheinen wichtige Argumente für diese optimistische Einschätzung zu sein. Doch perspektivisch würde ich mich persönlich in diesen Märkten bei größeren Playern besser aufgehoben fühlen.
Der Autor und/oder mit dem aktien.guide verbundene Personen oder Unternehmen besitzen oder können Anteile von Rubis besitzen. Dieser Beitrag stellt eine Meinungsäußerung und keine Anlageberatung dar. Bitte beachte die rechtlichen Hinweise.