Die Progyny Aktie erfüllt den Kinderwunsch

2.9.2021 | High-Growth-Investing Die Progyny Aktie erfüllt den Kinderwunsch

Aufgrund des großen Wettbewerbsvorteils von Progyny gegenüber der Konkurrenz hinsichtlich der erzielten Behandlungsergebnisse, die renommierte Kundenbasis und die intakten globalen Trends zu...

Inhaltsverzeichnis

Progyny unterstützt Paare bei ihrem Kinderwunsch mit Datenanalyse und Beratung von führenden Experten und sorgt für die notwendige medizinische Behandlung. Das Ziel des Unternehmens ist es, Unfruchtbarkeit und Fehlgeburten zu minimieren und es allen Paaren zu ermöglichen, sich ihren Kinderwunsch zu erfüllen.

 

Die Progyny Aktie (ISIN: US74340E1038) entwickelte sich seit dem Börsengang im Jahr 2019 sehr positiv. Startete der Kurs am Tag des Börsengangs bei 13 US-Dollar und somit noch unterhalb der angepeilten Preisspanne von 14 US-Dollar bis 16 US-Dollar, liegt dieser mittlerweile bei über 50 US-Dollar. Dies entspricht einer Performance von über 215 Prozent seit dem IPO. Auch auf 1-Jahressicht konnte der Aktienkurs des Unternehmens um mehr als 90 Prozent zulegen.

Aktienkurs

Doch was macht das Geschäftsmodell so besonders? Bietet es auch zukünftig noch genügend Spielraum für weiteres Wachstum? Und kann sich das Unternehmen hinsichtlich der Profitabilität positiv entwickeln? Lesen Sie in der folgenden Aktienanalyse unsere Einschätzung zur Progyny Aktie.

Das Wichtigste in Kürze
  • Progyny unterstützt Paare bei ihrem Kinderwunsch durch Beratung, künstliche Befruchtung und Betreuung während der Schwangerschaft
  • Progyny schafft es die Rate von Fehlgeburten um 26 % zu senken und die Anzahl gesunder und erfolgreicher Geburten um 25 % zu steigern
  • Das Unternehmen hat eine gesunde Bilanz mit geringen Schulden und einem hohen Cashbestand
  • Gemessen am EV/Sales Verhätnis ist Progyny moderat bewertet

 

 

Unternehmensprofil von Progyny

Eine von acht Personen leidet weltweit an Unfruchtbarkeit. Die WHO definiert Paare als unfruchtbar, deren regelmäßiger, ungeschützter Geschlechtsverkehr nach einem Jahr nicht zu einer Schwangerschaft führt. Damit tritt die Unfruchtbarkeit häufiger auf als beispielsweise Diabetes (eine von elf Personen), Krebs (eine von 230 Personen) oder auch Depressionen (eine von 20 Personen).

Unfruchtbarkeit kann sowohl bei einer Frau als auch bei einem Mann auftreten. Es kann eine Reihe von Ursachen geben, wie Alkohol-, Drogenkonsum oder Medikamenteneinnahme. In rund 10 Prozent der Fälle kann der unerfüllte Kinderwunsch jedoch auch psychologische Ursachen haben. Progyny hat die Problematik erkannt und versucht, Paare bei deren Familienplanung zu unterstützen. Das Unternehmen wurde im Jahr 2008 gegründet und ging im Oktober 2019 an die Börse.

Progyny hat zwei zentrale Entwicklungen ausgemacht, weshalb sich der Kinderwunsch für mehr und mehr Menschen schwierig gestaltet und warum die Unfruchtbarkeit ein großes Problem für viele Paare darstellt:

  • Das durchschnittlich höhere Alter der Frau bei einer Schwangerschaft
  • Der Wunsch vieler gleichgeschlechtlicher Paare nach Kindern

Besonders das höhere Alter stellt ein Risiko dar, da die Fruchtbarkeit mit zunehmendem Alter abnimmt. Während bei Frauen zwischen 19 und 24 noch eine Chance von 30 Prozent besteht, innerhalb eines Zyklus’ schwanger zu werden, sinkt diese für die 25- bis 33-jährigen Frauen auf 18 Prozent. In der Altersgruppe bis 44 Jahre liegt sie bei nur noch 13 Prozent.

Die standardisierte Lösung für diese Probleme ist oft eine In-Vitro Fertilisation (IVF), bei der bereits befruchtete Eizellen in die Gebärmutter eingesetzt werden. Eine andere Methode ist die Intrauterine Insemination (IUI), auch „assistierte Befruchtung“ genannt, bei der eine im Labor bearbeitete Spermienprobe am Tag des Eisprungs in die Gebärmutter der Frau übertragen wird.

Oftmals führen diese Behandlungsmethoden aufgrund mangelnder medizinischer Unterstützung oder schlechter Behandlungen ebenfalls nicht zu den gewünschten Resultaten oder ungewollter multiplen Geburten (Geburten von Zwillingen, Drillingen oder mehr Kindern), die in etwa 46 Prozent der Fälle von IVF-Behandlungen resultieren. Infolgedessen steigen die Kosten für den Arbeitgeber durch die Abwesenheit der Arbeitnehmer und die Frustration der Arbeitnehmer ob der ungenügenden Betreuung durch die Gesundheitsdienstleister während der Schwangerschaft.

An diesem Punkt setzt Progyny an. Durch personalisierte Planung, Behandlung und Betreuung sowie neueste Diagnostik und Unterstützung durch entsprechende Medikamente, konnte die Schwangerschaftsrate durch eine In-Vitro Fertilisation um 16 Prozent erhöht werden. Gleichzeitig konnte Progyny die Anzahl an Fehlgeburten um 26 Prozent senken und die Rate erfolgreicher Geburten um 25 Prozent steigern im Vergleich zum amerikanischen Durchschnitt.

Dies ist vor allem auf die individuelle Betreuung der Kunden zurückzuführen, die so von den großen amerikanischen Krankenversicherern nicht angeboten wird. Durch jahrelange Erfahrung und Zugang zu den besten Gesundheitsexperten findet Progyny die individuell beste Befruchtungsmethode für Paare. Außerdem verfügt das Unternehmen über eine Vielzahl an Daten über Schwangerschaften. Dies ermöglicht die bestmögliche Behandlung inklusive Diagnostik, Medikamenten oder Genetiktests, um den besten Zeitpunkt der Schwangerschaft zu messen. Progyny veranschaulicht die Vorteile gegenüber standardisierten Behandlungsmethoden der großen Krankenversicherer in folgendem Beispiel (Quelle: Investorenpräsentation):

Dies führt laut Progyny zu geringeren Kosten für Medikamente und Behandlung der Kunden, da Progynys individueller Ansatz erfolgreicher ist als standardisierte Methoden. Außerdem kehren die Eltern schneller in ihre Unternehmen zurück.

Das Unternehmen schließt hierbei mit Unternehmen Partnerschaften, die ihren Arbeitnehmern dann diese Services anbieten können. In den USA bieten derzeit laut Progyny 50 Prozent der Unternehmen an, die Kosten rund um die Schwangerschaft und deren Planung zu übernehmen. Progyny schätzt, dass sich dieser Anteil bis Ende 2022 auf 66 Prozent erhöht. Derzeit bedient das Unternehmen laut eigenen Angaben weniger als 4 Prozent des potenziell Zielmarktes (Total addressable market).

 

Financials von Progyny

Bereits seit Jahren zeigt Progyny ein starkes, wenn auch sich abschwächendes, Umsatzwachstum. Im Geschäftsjahr 2018 wies das Unternehmen 117 Prozent Umsatzwachstum aus, im Folgejahr 2019 118 Prozent. Im durch das Coronavirus beeinflussten Jahr betrug das Wachstum 50 Prozent. Das Unternehmen macht hauptsächlich den eingeschränkten Zugang der Patienten zu deren Leistungen verantwortlich, da nicht lebensbedrohliche Behandlungen in dieser Zeit verschoben wurden.

Dementsprechend konnte sich 2021 das Umsatzwachstum auf 51 Prozent in Q1 und auf 99 Prozent in Q2 beschleunigen. Jedoch muss berücksichtigt werden, dass die beiden Vorjahresquartale negativ durch das Coronavirus beeinflusst wurden und somit nur bedingt vergleichbar sind. Auf Basis der letzten 12 Monate beträgt das Umsatzwachstum somit mehr als 65 Prozent.

Umsatzwachstum

Für das Gesamtjahr 2021 erwartet Progyny ein Umsatzwachstum von 51 Prozent bis 57 Prozent. Für die kommenden Jahre peilt Progyny weiteres Wachstum aufgrund der Trends hin zu “Diversity” und “Inklusion” innerhalb der Unternehmen an. Dies hat zur Folge, dass sich der Anteil der Arbeitnehmer, die keine Kinder über den “herkömmlichen” Weg bekommen können, weiter vergrößert.

Neben dem starkem Wachstum konnte Progyny in den letzten 2 Jahren auch die Bruttomarge deutlich ausbauen. Lag diese vor Corona noch bei 21 Prozent, musste hier ein Rückgang auf bis zu 18,5 Prozent im zweiten Quartal 2020 hingenommen werden. In den ersten beiden Quartalen 2021 lag die Marge hingegen bei 23 Prozent und 24 Prozent. Das Unternehmen sieht sich auf Kurs, die Bruttomarge auch zukünftig weiter zu steigern.

Auf der anderen Seite sind besonders die Personal- und administrativen Kosten im Geschäftsjahr 2020 im Vergleich zum Vorjahr deutlich gestiegen, wodurch die operative Marge, auch EBIT-Mage genannt, deutlich litt. Sie ging von 4,2 Prozent im Jahr 2019 auf 2,4 Prozent im Jahr 2020 zurück. Progyny führt dies hauptsächlich auf den Personalaufbau und aktienbasierte Vergütungen sowie zusätzliche Hygienemaßnahmen infolge des Pandemieausbruchs zurück. Besonders die Personalkosten werden laut Progyny aufgrund des hohen Wachstums weiterhin stark wachsen, wodurch zukünftig die operative Profitabilität leiden könnte. Anleger sollten dies im Auge behalten. In den ersten beiden Quartalen konnte die EBIT-Marge jedoch vorerst auf über 10 Prozent zulegen.

 

Wichtige Kennzahlen der Progyny Aktie

Neben dem starken Wachstum kann vor allem der Rule-of-40 Score des Unternehmens hervorgehoben werden. Die Free-Cash-Flow Marge von Progyny ist derzeit wie die Nettogewinnmarge positiv und liegt bei 3 Prozent. Das Unternehmen schafft es somit, das verdiente Geld auch im Unternehmen zu halten. Kombiniert mit den 65 Prozent Umsatzwachstum ergibt sich ein Rule-of-40 Score von knapp 69 Prozent. Parallel zum Umsatzwachstum verringerte sich auch der Rule-of-40 Score im Jahr 2020 kontinuierlich. Mit Beginn des Jahres 2021 drehte sich dieser Trend um.

Rule of 40

Des Weiteren weist Progyny eine sehr solide Bilanz auf. Zum Ende des zweiten Quartals wies das Unternehmen Cashreserven und Investitionen in Wertpapiere mit kurzer Laufzeit von 94 Millionen Dollar auf. Besonders der Cashbestand ist im Vergleich zum vierten Quartal 2020 zwar von 70 Millionen Dollar auf 49 Millionen deutlich gesunken, jedoch verdoppelten sich die kurzfristigen Forderungen des Unternehmens von 71 Millionen Dollar auf 141 Millionen nahezu. Dies ist positiv zu werten.

Insgesamt liegen die kurzfristigen Vermögenswerte (238 Millionen Dollar) mehr als doppelt so hoch wie die kurzfristigen Verbindlichkeiten (99 Millionen Dollar) und auch die bilanziellen Gesamtschulden von 109 Millionen Dollar sind problemlos durch das Gesamtvermögen von 312 Millionen Dollar gedeckt.

High-Growth-Investing-Analyse

Außerdem weist das Unternehmen einen sehr niedrigen Verschuldungsgrad von 0,04 auf, was nach der HGI-Strategie sehr positiv zu bewerten ist. Die komplette Übersicht des HGI-Scores wird im obigen Bild dargestellt. Nur bei der Bruttomarge erhält das Unternehmen keine Punkte.

 

Bewertung der Progyny Aktie

Gemessen am - für junge Wachstumsunternehmen oft verwendete - EV/Sales Multiple ist Progyny moderat bewertet. Aktuell beträgt das Verhältnis des Firmenwerts zu den Umsätzen durch den Anstieg des Aktienkurses knapp über 10, was nach der HGI Strategie noch einen Punkt gibt. Historisch gesehen liegt Progyny hier genau im Durchschnitt seit Jahresbeginn 2020, obwohl sich die Aussichten aufgrund des stabilen Wachstums und der erreichten Profitabilität in der Zwischenzeit deutlich verbessert haben.

Enterprise Value/Sales

Gemessen am Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von mehr als 65 erscheint die Progyny Aktie auf den ersten Blick sehr teuer. Zudem gab es im vierten Quartal einen positiven Sondereffekt aufgrund von Steuerrückzahlungen, ohne die das KGV im dreistelligen Bereich läge.

Das Unternehmen erreichte erst Anfang 2020 die Profitabilität. Besonders durch die stetig steigenden Bruttomargen sollte der Gewinn auch zukünftig im Vergleich zum Umsatz überproportional wachsen. Im ersten Quartal 2021 konnte ein Nettogewinn von 15,2 Millionen Dollar erzielt werden, was einem Zuwachs 111 Prozent gegenüber dem bereinigten Quartalsgewinn des Vorquartals (7,2 Millionen Dollar ohne den Sondereffekt der Steuerrückzahlung) entspricht. Bei einer ähnlichen Entwicklung der Gewinne wird sich auch das KGV in den kommenden Jahren weiter verringern.

 

Fazit zu Progyny

Progyny besitzt mit David Schlanger einen CEO mit mehr als 25 Jahren Erfahrung in der Branche. Das Unternehmen hat sich durch die Partnerschaft mit allen großen amerikanischen Krankenkassen in den vergangenen Jahren einen hohen Burggraben aufgebaut. Zudem liefert das Unternehmen bislang einzigartige Behandlungsergebnisse. Auch in den kommenden Jahren ist weiteres Wachstum vorprogrammiert, da immer mehr Unternehmen die finanzielle Betreuung seiner Arbeitnehmer rund um die Schwangerschaft und den Kinderwunsch übernehmen. Von derzeit 50 Prozent der amerikanischen Unternehmen soll der Anteil auf rund 2/3 aller Unternehmen steigen.

Unter den bisherigen Kunden finden sich viele große Namen wie Microsoft, Google, Paypal oder Roche.

Zugleich hat Progyny laut eigenen Aussagen keine direkte, auf Schwangerschaften spezialisierte Konkurrenz mit einem ähnlichen umfassenden Angebot. Lediglich die großen Gesundheitsdienstleister und Krankenversicherungen wie United Health, Cigna oder Aetna bieten allgemeine und standardisierte Dienstleistungen rund um die Schwangerschaft als Teil der allgemeinen Krankenversicherung an.

Hier liegt jedoch auch ein Risiko von Progyny. Sollte das Geschäftsmodell auch für die großen Krankenversicherer lukrativ werden, ist schwer abzuschätzen, wie groß der Burggraben des Unternehmens ist, dessen Alleinstellungsmerkmal hauptsächlich aus exklusiven Partnerschaften mit Ärzten und Gesundheitsexperten sowie individueller Betreuung besteht.

Die exklusive Stellung im Markt von Progyny bezahlt der Aktionär zudem mit einer hohen Bewertung auf Basis der aktuellen Gewinne. Das Unternehmen liefert jedoch bereits seit Jahren konstant hohe Zuwächse bei Umsätzen und auch Nutzern (Quelle: Investorenpräsentation):

Kundenwachstum

Aufgrund seines großen Wettbewerbsvorteils gegenüber der Konkurrenz hinsichtlich der erzielten Ergebnisse, seiner renommierten Kundenbasis und der intakten globalen Trends zu späteren Schwangerschaften und dem Kinderwunsch gleichgeschlechtlicher Paare, die das Geschäftsmodell beflügeln, relativiert sich die Bewertung jedoch. Die Aktie ist für Anleger definitiv einen Blick wert.

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Der Autor und/oder mit dem aktien.guide verbundene Personen oder Unternehmen besitzen oder können Anteile von Progyny Inc besitzen. Dieser Beitrag stellt eine Meinungsäußerung und keine Anlageberatung dar. Bitte beachte die rechtlichen Hinweise.

 
Tobias Scheufele

Autor: Tobias Scheufele

Als Masterabsolvent im Bereich Accounting & Finance, kennt sich Tobias Scheufele bestens mit der Finanztheorie aus. Er arbeitet bei der KPMG im Bereich "Valuation" und sammelte bereits bei der BMW AG im Bereich Investor Relations Erfahrungen. Seine Leidenschaft für Aktienanalysen hat er beim aktien.guide eingebracht.