Biogen Aktie: Warren Buffett’s Einstieg in die Biotechnologie

12.5.2020 | Levermann Biogen Aktie: Warren Buffett’s Einstieg in die Biotechnologie

Biotechnologie-Aktien überzeugten in der Vergangenheit durch ein starkes Wachstum. Doch viele der einstigen Stars haben mittlerweile – aufgrund von Patentabläufen und mangelnder...

Biotechnologie-Aktien überzeugten in der Vergangenheit durch ein starkes Wachstum. Doch viele der einstigen Stars haben mittlerweile – aufgrund von Patentabläufen und mangelnder Innovationsfähigkeit – deutlich an Attraktivität eingebüßt.

Dieser Sachverhalt könnte auch auf die Biogen Aktie (ISIN: US09062X1037) zutreffen, die wir heute in einer kleinen Analyse vorstellen wollen.

Der amerikanische Biotech-Gigant Biogen überzeugt zwar mit einer hohen Profitabilität und einer starken Bilanz, zeigt aber Schwächen im Wachstum. Ein leicht rückläufiges Umsatz- und Ergebniswachstum belastet das Unternehmen, was sich besonders in der Bewertung bemerkbar macht. Zum Glück, denn Investoren können die Aktie aktuell so günstig wie lange nicht mehr bekommen – und das, obwohl Biogen über Potenzial zur Wachstumssteigerung verfügt.

Analyse der Biogen Aktie – Unternehmensprofil

Biogen ist ein amerikanisches Unternehmen des Biotechnologie-Sektors. Das Unternehmen wurde im Jahr 1978 gegründet, bevor es 2003 mit Idec Pharmaceuticals in einem 6,8 Milliarden US-Dollar-Deal fusionierte. In den folgenden Jahren fiel Biogen Idec, wie das neue Unternehmen jetzt hieß, mit zahlreichen Akquisitionen auf. Im März 2015 wurde der Firmenname dann von Biogen Idec in Biogen umgewandelt.

Mit einer Marktkapitalisierung von aktuell 51 Milliarden US-Dollar gehört das in Cambridge (Massachusetts) ansässige Unternehmen heute zu den führenden Biotechnologieunternehmen weltweit.

Die Schwerpunkte liegen in der Neurologie, besonders bei der Muskelkrankheit Multiple Sklerose (MS). Die Bereiche der Immunologie sowie Hämatologie haben ebenfalls eine große Bedeutung.

Die letzten Quartalszahlen

Das Geschäftsjahr 2019 schloss Biogen mit einem Umsatzwachstum von 7 Prozent ab. 14,4 Milliarden US-Dollar wurden bei einem Non-GAAP-Nettoergebnis (Net Income) von 5,9 Milliarden US-Dollar erreicht. Das Ergebnis hat sich gegenüber dem vergleichbaren Vorjahreswert um 32,9 Prozent erhöht und befindet sich auf dem höchsten Stand aller Zeiten.

Auch der Free Cashflow bewegte sich mit 6,3 Milliarden US-Dollar auf Rekordniveau und konnte gegenüber dem Vorjahresvergleichswert von 3,9 Milliarden US-Dollar sogar um rund 60 Prozent gesteigert werden. Die Marge beträgt damit beeindruckende 44 Prozent.

Ähnlich positiv sah es beim Ergebnis je Aktie aus. Hier wurden die EPS gemäß dem Rechnungslegungsstandard US-GAAP von 21,58 US-Dollar um 46 Prozent auf 31,42 US-Dollar gesteigert. Non-GAAP lag der Zuwachs bei 28 Prozent (von 26,20 auf 33,57 US-Dollar).

Biogens Haupteinnahme: Multiple Sklerose Medikamente

Mit einem Umsatzanteil von knapp 39 Prozent ist das MS-Medikament TECFIDERA der größte Umsatzbringer im Konzern. Über 4,4 Milliarden US-Dollar wurden mit diesem Medikament im Geschäftsjahr 2019 erwirtschaftet. Die Gesamtumsätze, die Biogen mit MS-Medikamenten erzielt, belaufen sich auf 8,5 Milliarden US-Dollar.

Weitere Blockbuster mit über einer Milliarde US-Dollar Umsatzbeitrag sind Interferon (18,5 Prozent), SPINRAZA (15,8 Prozent) und TYSABRI (16,6 Prozent).

Das erste Quartal Q1/2020 und der Ausblick

Das erste Quartal 2020 konnte beim Umsatzwachstum nicht mit dem Tempo des Gesamtjahres 2019 mithalten. Ein Umsatzwachstum von einem Prozent auf 3,5 Milliarden US-Dollar wurde erreicht.

Beim Ergebnis je Aktie sah es jedoch besser aus. Auf GAAP-Basis legte das Ergebnis je Aktie von 7,15 um 13 Prozent auf 8,08 US-Dollar zu. Non-GAAP belief sich der Zuwachs auf 31 Prozent (von 6,98 auf 9,14 US-Dollar).

So soll es aber nicht weiter gehen, denn für das aktuelle Geschäftsjahr 2020 wird ein Umsatzrückgang auf 14,0 bis 14,3 Milliarden US-Dollar erwartet. Das bereinigte Ergebnis soll sich zwischen 31,50 und 33,50 US-Dollar einpendeln.

Gegenüber den Non-GAAP-Werten des Geschäftsjahres 2019 entspricht dies im günstigsten Fall einer Gewinnstagnation. Die Analystenschätzungen, die der aktien.guide für seine Gewinnschätzungen benutzt, deuten ebenfalls auf ein rückläufiges Ergebnis hin.

Hier wird mit einem EPS für das Geschäftsjahr 2020 von 33,01 US-Dollar gerechnet. Dieser Wert soll im Jahr 2021 auf 32,62 US-Dollar fallen. Das entsprechende erwartete Gewinnwachstum beläuft sich auf -1,2 Prozent. Der Wert des erwarteten Gewinnwachstums befindet sich damit am unteren Ende der zweijährigen Spanne zwischen -2 und +11 Prozent.

Analyse der Biogen Aktie - Gewinnwachstum

Dass Biogen eine starke Cashcow ist, verdeutlicht folgender Sachverhalt: Bis zum Geschäftsjahr 2024 möchte Biogen 35 Milliarden US-Dollar an Free Cash generieren. Zusammen mit weiteren 16 Milliarden US-Dollar aus Cash-Beständen und Kreditlinien soll sich der finanzielle Rahmen auf 51 Milliarden US-Dollar belaufen.

Um das schwache Wachstum anzuheizen, ist es geplant, stärker in das operative Geschäft zu investieren. Auch verstärkte M&A-Aktivitäten sollen für Wachstumsschübe sorgen.

Zu Guter Letzt soll auch mit Hilfe von Aktienrückkäufen das Ergebniswachstum befeuert werden. In den vergangenen Monaten hat man mit Aktienrückkäufen im Wert mehr als fünf Milliarden US-Dollar hier schon einen großen Schritt getan.

Analyse der Biogen Aktie – Aktienkursentwicklung

Analyse der Biogen Aktie - Aktienkursentwicklung

Quelle: aktien.guide. Aktienkursentwicklung der Biogen-Aktie an der NASDAQ bis zum 08.05.2020.

Wichtige Kennzahlen und Bewertung

Biogen überzeugt mit einer hohen Eigenkapitalrendite von zuletzt 44 Prozent bei einer ebenso hohen Eigenkapitalquote von 49 Prozent.

Überzeugend ist auch die Finanzlage des Unternehmens. So existierten zum Geschäftsjahresende 2019 Cash & Cash Equivalents im Wert von 2,9 Milliarden US-Dollar. Hinzugerechnet werden können kurzfristige Wertpapiere im Wert von 1,6 Milliarden US-Dollar.

Analyse der Biogen Aktie - Eigenkapitalrendite

Die Firmenwerte (Goodwill) stellen mit 5,8 Milliarden US-Dollar eine überschaubare Größe in der 27,2 Milliarden schweren Bilanz dar. Sie entsprechen jedoch über 40 Prozent des bilanzierten Eigenkapitals von 13,3 Milliarden US-Dollar.

Sorgen machen muss man sich aber weniger, denn Biogen generiert nachhaltig starke operative Cashflows. Im Geschäftsjahr 2019 wurden 7,1 Milliarden US-Dollar erwirtschaftet – der höchste Wert aller Zeiten.

Analyse der Biogen Aktie - Eigenkapitalquote

Bei der Ergebnis-Marge ist das Biotech-Unternehmen mit einer EBIT-Marge von 46 Prozent gut aufgestellt. Positiv ist auch, dass die Eigenkapitalrendite und die EBIT-Marge über die letzten zwei Jahre gesteigert wurden.

Analyse der Biogen Aktie - EBIT-Marge

Gemessen am Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) der Biogen-Aktie ließe sich wahrscheinlich weder eine Über- noch Unterbewertung ausmachen. Das KGV beläuft sich auf aktuell 9,5 und liegt deutlich unter dem Durchschnitt der letzten fünf Jahre von 12.

Setzt man den Free Cashflow des Geschäftsjahres 2019 von 6,3 Milliarden US-Dollar in Relation zur Marktkapitalisierung von 51,2 Milliarden US-Dollar, so lässt sich ein noch besserer Multiplikator von 8,1 ermitteln.

Für die niedrige Bewertung könnte man das erwartete Gewinnwachstum als Begründung heranziehen. Dieses befindet sich nämlich auf einem mehrjährigen Tief. Mit aktuell minus 1,2 Prozent ist es sogar negativ.

Analyse der Biogen Aktie – Fazit

Schaut man sich das Produktportfolio von Biogen an, so stellt man auf Konzernebene bei den Hauptumsatzbringern, den Multiple Sklerose Medikamenten, ein nahezu Nullwachstum fest. Dies könnte primär weniger ein Argument für die Aktie sein.

Mehr Zuversicht könnte man in der Produktpipeline des Unternehmens finden. Hier existieren gleich fünf Phase-3 Kandidaten, die bald eine Zulassung erhalten könnten. Der größte Hoffnungsträger ist mit Aducanumab ein Alzheimer-Wirkstoff, dem ein Blockbuster-Potenzial zugeschrieben wird. Ob und wie groß das Umsatzpotenzial der neuen Medikamente ist, bleibt aber eine unbekannte Variable im Rechenspiel.

Genauso unbekannt ist auch die M&A-Pipeline. Niemand weiß, wo der Biotech-Gigant als nächstes zuschlagen könnte, um seine Pipeline hochzurüsten. Einzig der finanzielle Rahmen könnte einen Hinweis darauf geben. Mit 51 Milliarden US-Dollar könnte hier aber fast jedes Biotechnologie-Unternehmen auf der Liste stehen.

Der Biotechnologie Sektor ist und bleibt für viele Investoren ein schwer verständlicher Bereich des Kapitalmarktes. Umso verwunderlicher war es, als Warren Buffett kürzlich eine kleine Position im Wert von 192,4 Millionen US-Dollar in Biogen eröffnete.

Vielleicht sieht er in Biogen einen idealen Kandidaten, um von dem Potenzial des Sektors zu profitieren. Der Zeitpunkt scheint jedenfalls nicht schlecht gewählt zu sein, denn aktuell werden Biotech-Aktien so günstig wie lange nicht mehr gehandelt.

In diesem Zusammenhang sollte man aber auch das Risiko von Patentabläufen und M&A-Aktivitäten berücksichtigen. Auch Biogen’s Abhängigkeit von einzelnen Medikamenten ist nicht zu unterschätzen. Die aktuelle Free Cashflow Rendite von mehr als 12 Prozent drückt dieses Risiko aus, könnte aber zugleich auch ein Anreiz für ein Engagement sein.

 

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Der Autor und/oder mit dem aktien.guide verbundene Personen oder Unternehmen besitzen oder können Anteile von Biogen besitzen. Dieser Beitrag stellt eine Meinungsäußerung und keine Anlageberatung dar. Bitte beachte die rechtlichen Hinweise.

Frank Seehawer

Autor: Frank Seehawer

Frank Seehawer ist mehrere Jahre als Investor Relations Manager und Wertpapieranalyst tätig gewesen. Als graduierter Ökonom beschäftigt er sich schon seit über 20 Jahren mit den Aktienmärkten im In- und Ausland. Sein Fachwissen über Aktien teilt er als freier Autor unter anderem mit den Lesern der deutschen Ausgabe von Motley Fool.