Quelle: Amazon Aktienkurs
Wie auch viele andere Unternehmen konnte sich Amazon dem Ausverkauf an den Märkten nicht entziehen. Als Technologie-Aktie verlor sie zudem überdurchschnittlich, denn auf Jahressicht steht ein Kursminus von rund 45 Prozent an der Kurstafel. Ob es für diese Entwicklung fundamental gerechtfertigte Gründe gibt und wie die letzten Quartalszahlen ausgefallen sind, das soll der nachfolgende Quick-Check der Amazon-Aktie behandeln.
Geschäftsmodell: Was macht Amazon?
Amazon ist der weltweit führende Player im E-Commerce. Der Onlinehändler bietet auf seiner gleichnamigen Plattform eine große Auswahl an Büchern und Filmen. Darüber hinaus findet man alle erdenklichen Waren und Güter zum Kauf. Auf der Verkaufsplattform Marketplace können auch Dritte ihre neuen oder gebrauchten Waren anbieten.
Das Handelsgeschäft klassifiziert der in Seattle ansässige Marktführer nach geografischer Zuordnung. So gibt es in der Segmentberichterstattung ein nordamerikanisches Geschäft sowie ein rasant wachsendes internationales Geschäft. Das dritte Standbein ist mit AWS das Cloud-Geschäft. Mit ihm ist Amazon noch vor Microsoft und Google Marktführer mit einem Marktanteil von über 30 Prozent.
Quelle: Amazon Pressemitteilung des vierten Quartals 2021
Dieser Bereich wird vielfach auch als das Kronjuwel des Konzerns bezeichnet, denn hier wird das große Geld verdient. Im Geschäftsjahr 2021 generierte der AWS-Bereich beispielsweise ein operatives Ergebnis von 18,5 Milliarden US-Dollar. Zum Vergleich: Das Nordamerika-Geschäft kam auf ein operatives Ergebnis von 7,3 Milliarden US-Dollar, während das internationale Geschäft noch einen Verlust von fast einer Milliarde US-Dollar aufweist.
Die letzten Amazon Quartalszahlen September 2022
Überzeugte der Internet-Handelskonzern im Gesamtjahr 2021 noch mit einem starken Umsatzwachstum von 22 Prozent sowie einer Steigerung des Nettogewinns von 56 Prozent, so lässt sich für das dritte Quartal 2022 eine deutliche Abschwächung des Wachstums feststellen. Der Umsatz kletterte nur noch um 15 Prozent auf einen Wert von 127 Milliarden US-Dollar.
Das Ergebnis war auf allen Ebenen rückläufig. Am stärksten sackte das operative Ergebnis (EBIT einfach erklärt) mit 44 Prozent ab.
Quelle: Amazon Finanzdaten
Ursächlich hierfür sind die explodierenden Kosten. Besonders stark stiegen beispielsweise die Kosten für Technologie und Content mit 35 Prozent. Aber auch andere Bereiche wie das Fulfillment, welches den größten Kostenfaktor überhaupt darstellt, sah sich mit einem Kostenanstieg von 11,2 Prozent konfrontiert.
Investoren waren von den Quartalszahlen nicht nur von der Umsatzseite, sondern auch von der Ertragsseite negativ überrascht. Als Konsequenz schickten sie die Amazon-Aktie am Tag der Veröffentlichung auf Talfahrt. Sie verlor am Ende des Tages rund 10 Prozent an Wert.
Amazon-Aktie Prognose 2022
Für das vierte Quartal 2022 prognostiziert der Online-Handelsgigant einen Umsatzanstieg zwischen 2 und 8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Da es sich hier mit dem Weihnachtsgeschäft um das umsatzstärkste Quartal des Jahres handelt, stellt dieser Ausblick schon eine herbe Enttäuschung dar.
Hohe Benzinkosten sowie die rasant steigende Inflation trüben das Konsumklima in den USA, was für die pessimistische Einschätzung im starken vierten Quartal verantwortlich ist. Auch Amazon kann sich damit nicht dem Gesamtmarkt entziehen.
Enttäuschend entwickelte sich auch der Cloud-Bereich Amazon Web Services. Hier konnte der Umsatz zwar um 27 Prozent gesteigert werden, der Wert entspricht jedoch einer deutlichen Abschwächung im Vergleich zum Vorquartal. Der starke US-Dollar wirkt sich zudem als Belastungsfaktor für das internationale Geschäft aus.
Quelle: Amazon Pressemitteilung Q3-Zahlen 2022
Amazon hat die Probleme erkannt und steuert mit einer stärkeren Kostenkontrolle sowie Ausgabenkürzungen entgegen. Neben Einstellungspausen sollen zusätzlich 10.000 Mitarbeiter entlassen werden. Auch wurde die Entwicklung nicht zukunftsfähiger Technologien – wie zum Beispiel Lieferroboter auf Gehwegen – aufgegeben.
Wie attraktiv ist die Amazon-Aktie?
Amazon ist der klare westliche Marktführer im E-Commerce. Neben der Dominanz im Onlinehandel besitzt Amazon auch eine marktführende Stellung im boomenden Markt für Cloud-Dienste. Mit AWS verdient Amazon heute schon deutlich mehr Geld als mit dem reinen Onlinehandel. Gleichzeitig ist es der wachstumsstärkste Bereich des Unternehmens – eine echte Perle, die die Ertragsmargen mittelfristig nach oben schieben sollte.
Quelle: Amazon-Aktie Kennzahlen
Das ist auch dringend nötig, denn mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis auf Basis der Gewinne der letzten 12 Monate (TTM) von knapp 86 ist Amazon äußerst ambitioniert bewertet. Besonders deshalb, weil das Unternehmen auf Konzernebene eine Wachstumsschwäche aufweist. Die Ertragsmargen befinden sich aufgrund des dominierenden Handelsgeschäfts zudem auf einem niedrigen Niveau.
Das Momentum spricht aktuell nicht für Amazon, was man auch an dem negativen Levermann-Score ablesen kann. Auch findet man die Aktie nicht mehr in der Topscorer Liste der HGI-Strategie. Zu schwach ist das Wachstum und zu gering sind die Margen.
Quelle: Amazon-Aktie Analysen
Dennoch bleibt der Konzern mit einem Nettogewinn im vergangenen Jahr von über 30 Milliarden US-Dollar ein Elefant im Technologiesektor. Weitere Potenziale sind mit dem Streaming oder in der Online-Werbung vorhanden. Diese Geschäfte hat der Großkonzern bisher noch gar nicht ernsthaft monetarisiert.
Ein Basisinvestment könnte die Aktie damit sein, allein schon deshalb, weil ein großer Burggraben existiert. Er schützt das Unternehmen vor Wettbewerb. Darüber hinaus existieren Wachstumschancen in vielen weiteren Bereichen des Technologie-Sektors. Ein starker Free Cashflow sowie 58 Milliarden an Cash in der Bilanz warten darauf, investiert zu werden.
Quelle: Amazon Bilanz
Das könnten die Gründe dafür sein, warum die deutliche Mehrheit der 52 Analysten die Amazon-Aktie zu einem Kauf empfiehlt. Lediglich drei Analysten raten zu einem Halten, während ein Analyst zu einem Verkauf tendiert. Wem die aktuelle Bewertung dennoch stört, der könnte sich erstmal einen Alarm beim Kurs-Gewinn-Verhältnis von 35 stellen, um sich dann die Aktie erneut anzuschauen.
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Der Autor und/oder mit dem aktien.guide verbundene Personen oder Unternehmen besitzen oder können Anteile von Amazon besitzen. Dieser Beitrag stellt eine Meinungsäußerung und keine Anlageberatung dar. Bitte beachte die rechtlichen Hinweise.