Die Welt steht vor tiefgreifenden Umbrüchen. Urbanisierung, Digitalisierung, Energiewende und der Bedarf an einer resilienten Infrastruktur werden die Wirtschaft von morgen prägen. Millionenstädte wachsen weiter, Verkehrswege müssen modernisiert, Daten- und Energienetze ausgebaut und Gebäude nachhaltiger gestaltet werden. Zugleich steigt der Druck, Klimaziele zu erreichen und Energie effizienter zu nutzen. Gleichzeitig sind die Menschen immer stärker vernetzt und bleiben auf stabile Kommunikations- und Medienangebote angewiesen.
Mitten in diesem Spannungsfeld positioniert sich Bouygues (ISIN: FR0000120503) als breit diversifizierter Mischkonzern. Es bündelt Aktivitäten in den Bereichen Bau und Infrastruktur, Energiedienstleistungen, Telekommunikation sowie Medien. Damit ist Bouygues in genau jenen Märkten tätig, die durch die beschriebenen Megatrends angetrieben werden. Die Aktie zeigt dabei eine im Wesentlichen seitwärts gerichtete Entwicklung. Über einen Zeitraum von 20 Jahren beträgt das Kursplus lediglich etwas weniger als ein Prozent.
Quelle: Entwicklung der Bouygues-Aktie seit 2005
Dafür können sich die jährlichen Dividendenzahlungen sehen lassen. Im Schnitt konnte man jährlich mehr als fünf Prozent auf seine Einlage erhalten. Seit fast zwei Jahrzehnten gab es keine Dividendenkürzungen mehr. Im Gegenteil: Regelmäßige Dividendenerhöhungen sorgten dafür, dass sich die Ausschüttungen fast verzehnfachten. Bis heute befindet sich die Aktie jedoch im Dornröschenschlaf, obwohl es zuletzt dank geschickter Zukäufe zu sprunghaften Anstiegen bei den Umsätzen kam. Aber vor allem aufgrund der aufkeimenden Infrastruktur-Fantasie könnte die Aktie ein Kauf sein. Die nachfolgende Bouygues-Aktienanalyse verrät mehr.
Der 1952 von Francis Bouygues gegründete Konzern Bouygues ist ein Schwergewicht in der Baubranche. Mit einem Jahresumsatz von rund 50 Milliarden Euro zählt er zu den größten Konzernen Frankreichs. Sein Geschäft wird im Wesentlichen in die folgenden vier Bereiche aufgeteilt:
Betrachtet man das Geschäftsmodell isoliert, so stellt man eine Kombination aus langfristigen, kapitalintensiven Infrastruktur- und Bauprojekten, wachstumsorientierten Energielösungen und Dienstleistungen, stabilen, wiederkehrenden Umsätzen im Telekommunikationsbereich sowie werbe- und contentgetriebenen Erlösen im Mediengeschäft fest. Es handelt sich also um einen klassischen Mischkonzern, der sich auf kapitalintensive Bereiche spezialisiert hat. In den 1970er Jahren waren solche Diversifikationsstrategien Trend. Später kamen bei Investoren aber eher schlanke Geschäftsmodelle mit klaren Strukturen gut an. Konglomerate werden daher heute gerne mit Abschlägen beim Buchwert gehandelt. Bouygues liegt mit einem KBV von 1,2 zwar knapp darüber, es könnten jedoch stille Reserven in der Bilanz schlummern. Interessant ist auch, dass Bouygues seine Struktur bis heute halten konnte. Wohl auch, weil die Familie des Gründers fast 30 Prozent der Anteile hält. Gleichzeitig besetzen Familienmitglieder strategische Führungspositionen. Der Aktienkurs hat sich seit der Finanzkrise tendenziell seitwärts bewegt. Viel Substanz und verlässliche Dividenden sprechen jedoch für die Aktie. Auch international sind die Franzosen stark – besonders im Baugeschäft. Das könnte System haben, denn auch Infrastruktur-Konzerne wie Vinci oder Eiffage gehören zu den Top-Adressen. Der Umsatz verteilt sich geografisch etwa zur Hälfte auf Frankreich und zur Hälfte auf internationale Märkte. Schauen wir uns die einzelnen Segmente genauer an.
Mit rund 47 Prozent des Gesamtumsatzes ist das Baugeschäft die größte Säule der Gruppe. Unter dem Dach von Colas, Bouygues Construction und Bouygues Immobilier deckt Bouygues ein breites Spektrum ab: vom klassischen Hoch- und Tiefbau über Straßen- und Schieneninfrastruktur bis hin zur Projektentwicklung und Vermarktung von Wohn- und Gewerbeimmobilien. Colas ist ein international tätiger Spezialist für Transportinfrastrukturen. Bouygues Construction hingegen konzentriert sich auf große, oft komplexe Projekte wie Krankenhäuser, Tunnel oder Bahntrassen. Bouygues Immobilier ergänzt dieses Spektrum durch die Entwicklung und den Verkauf von Immobilienprojekten. Dieser Bereich litt jedoch zuletzt unter der Schwäche des französischen Immobilienmarkts. In diesem Bereich sind die Margen traditionell niedriger als in anderen Segmenten, doch die prall gefüllten Auftragsbücher sichern langfristig verlässliche Umsätze. Besonders auffällig ist die starke internationale Verankerung: Mehr als die Hälfte des Umsatzes im Baugeschäft wird außerhalb Frankreichs erwirtschaftet.
Das zweitgrößte Segment Equans steht für etwa 34 Prozent des Konzernumsatzes und ist seit der Übernahme von Engie im Jahr 2022 ein zentraler Wachstumsfaktor. Es bietet technische Dienstleistungen und Energielösungen, die von der Ausstattung und Wartung industrieller Anlagen und Gebäudetechnik bis hin zu Projekten in den Bereichen erneuerbare Energien und Rechenzentren reichen. Gerade die Kombi ist im aktuellen KI-Umfeld wichtiger denn je. Equans profitiert außerdem vom globalen Trend zur Energiewende sowie von der steigenden Nachfrage nach Energieeffizienzlösungen. Im Gegensatz zum Baugeschäft erzielt Equans einen größeren Anteil seiner Erlöse durch wiederkehrende Services, was eine stabilere Margenbasis schafft. Damit liefert dieses Segment nicht nur Wachstum, sondern gleicht auch die Zyklizität des klassischen Baugeschäfts aus.
Der Telekommunikationsbereich, der rund 15 Prozent zum Konzernumsatz beiträgt, ist in erster Linie auf den französischen Markt konzentriert. Bouygues Telecom zählt hier zu den führenden Mobilfunk- und Festnetzanbietern des Landes. Über 27 Millionen Franzosen, was rund 40 Prozent der Bevölkerung des Landes entspricht, haben einen Vertrag bei Bouygues Telecom. Das Geschäftsmodell basiert auf wiederkehrenden Abonnementerlösen im Mobilfunk- und Glasfaserfestnetzbereich. In den vergangenen Jahren wurde massiv in den Ausbau von 5G- und Glasfasernetzen investiert. Und die Kosten dürften angesichts des Datenhungers der Nutzer nicht nachlassen. Dies bedeutet zwar hohe Investitionskosten, schafft aber auch die Grundlage für künftiges Wachstum und stabile Kundenbindungen. Doch der Telekommunikationsmarkt gilt als gesättigt, stark reguliert und wettbewerbsintensiv. Doch durch die Übernahme von La Poste Telecom konnte Bouygues Telecom seine Kundenbasis zuletzt erweitern und seine Position im hart umkämpften französischen Markt festigen. Kommen wir zum kleinsten Segment.
Das Mediengeschäft TF1 macht mit etwa 4 Prozent nur einen kleinen Teil des Gesamtumsatzes aus, spielt jedoch für die Sichtbarkeit und Markenpräsenz des Konzerns eine wichtige Rolle. TF1 erzielt seine Erlöse vor allem über TV-Werbung, digitale Werbeplattformen und Contentverwertung. Das Geschäft ist stark von konjunkturellen Schwankungen im Werbemarkt abhängig, kann aber durch wachsende Streaming- und Digitalangebote neue Erlösquellen erschließen. Im Vergleich zu den anderen Segmenten ist TF1 weniger kapitalintensiv, aber volatil in seinen Ergebnissen. Auch zeigt sich, dass im Wettlauf gegenüber Netflix regionale Anbieter das Nachsehen haben.
Etwa die Hälfte des Konzernumsatzes wird in Frankreich erwirtschaftet, die andere Hälfte international. Diese Balance ergibt sich aus der unterschiedlichen Ausrichtung der Geschäftsbereiche. Während die Bereiche Telekom und TF1 fast ausschließlich auf Frankreich konzentriert sind, erwirtschaften die Bau- und Servicetöchter einen erheblichen Teil ihrer Erlöse auf internationalen Märkten. Bouygues verbindet somit eine starke Basis im Heimatmarkt mit einer breiten globalen Präsenz, insbesondere in Europa und zunehmend auch in anderen Weltregionen.
In den vergangenen Jahren hat Bouygues seine Konzernstruktur entscheidend verändert und zwar durch gezielte Übernahmen. Die bedeutendste war der Kauf von Equans, der ehemaligen Service- und Energietechniksparte von Engie, im Jahr 2022 – für die größte Akquisition in der Unternehmensgeschichte zahlte man damals 6,1 Milliarden Euro. Durch sie konnte Bouygues seinen Jahresumsatz sprunghaft erhöhen und sich zugleich Zugang zu einem strategisch wichtigen Wachstumsfeld verschaffen: Energiedienstleistungen, Gebäudetechnik, industrielle Services und Projekte im Bereich erneuerbare Energien. Damit positioniert sich der Konzern auch klarer als Partner der Energiewende und verschafft sich eine wiederkehrende, margenstärkere Ertragsquelle, die den zyklischen Charakter des klassischen Baugeschäfts ausgleicht. Ein weiterer Schritt war die Übernahme von La Poste Telecom, die 2023/24 in Bouygues Telecom integriert wurde. Für etwas weniger als eine Milliarde Euro konnte der Konzern damals seine Kundenbasis erheblich ausweiten und sich im hart umkämpften französischen Telekommarkt breiter aufstellen. Der Zukauf stärkt nicht nur das Volumen im Mobilfunk- und Festnetzgeschäft, sondern schafft auch langfristig Potenzial für Skaleneffekte und Kostensynergien.
Der indirekte Preis für diese Transaktionen ist jedoch nicht gering, denn die Verschuldungsgrade und die Goodwills erhöhten sich deutlich. Doch das EBITDA zieht nach, wodurch eine wichtige Finanzkennzahl für die finanzielle Stabilität grünes Licht gibt.
Schaut man genauer hin, kann man erkennen, dass Bouygues strategisch einen klaren Kurs verfolgt: Der Konzern wollte das damals niedrige Zinsniveau nutzen und sich noch stärker auf langfristige Megatrends ausrichten. Im Bausegment bleibt die Rolle als führender Anbieter von Infrastruktur- und Großprojekten zentral. Gleichzeitig gewinnt die Zusammenarbeit mit Equans an Bedeutung. Bau- und Energiedienstleistungen sollen gemeinsam Komplettlösungen ermöglichen – vom Bau eines Gebäudes oder einer Infrastruktur über die technische Ausstattung bis hin zum Betrieb und zur Wartung. So entsteht ein integriertes Leistungsangebot, das Bouygues von vielen Wettbewerbern unterscheidet. Im Telekommunikationsgeschäft setzt Bouygues dagegen auf stabiles Wachstum durch den weiteren Ausbau von Glasfasernetzen und 5G-Infrastruktur, ergänzt durch die Integration von La Poste Telecom. Damit soll die Ertragsbasis gestärkt werden, auch wenn der Markt durch intensiven Wettbewerb geprägt bleibt. TF1 bleibt ein kleiner, aber strategisch bedeutsamer Teil des Konzerns. Der Fokus liegt auf dem Ausbau der digitalen Reichweite, um im Werbemarkt widerstandsfähiger gegenüber Schwankungen zu sein und sich besser gegen internationale Streaminganbieter behaupten zu können.
Konkurrenz belebt das Geschäft – das gilt auch für Bouygues. Zu den größten Konkurrenten im Bau- und Infrastrukturgeschäft zählen international und in Frankreich große Bau- und Infrastrukturunternehmen wie Vinci, Eiffage, Skanska, Hochtief, Ferrovial oder Strabag. Jedes Land hat hier seinen eigenen Champion, der mehr oder weniger auch global aufgestellt ist. Die zuvor aufgeführten Unternehmen sind jedenfalls in ähnlichen Bereichen wie Hoch- und Tiefbau, Straßen- und Schieneninfrastruktur sowie Immobilienentwicklung tätig.
Im Bereich der technischen Dienstleistungen und Energielösungen (Equans) konkurriert Bouygues mit weltweit agierenden Engineering- und Serviceunternehmen wie Engie, Suez, SNC-Lavalin, Schneider Electric sowie mit spezialisierten Energie- oder Facility-Management-Anbietern. Der Wettbewerb konzentriert sich hier auf die Bereiche Projektentwicklung, Wartung, Energieeffizienz und industrielle Services.
Im Telekommunikationsbereich (Bouygues Telecom) sind die direkten Konkurrenten in Frankreich vor allem Orange und SFR. Alle drei Anbieter konkurrieren auf den Märkten Mobilfunk, Festnetz und Glasfaser, sowohl im B2C- als auch im B2B-Segment. Der Wettbewerb ist dabei besonders intensiv in Bezug auf Preisaktionen, Netzausbau und Kundengewinnung.
Im Mediengeschäft (TF1) steht Bouygues mit anderen französischen Fernsehsendern und digitalen Medienplattformen wie M6 (Groupe M6), France Télévisions und Canal+ (Vivendi) sowie mit internationalen Streaming- und Video-on-Demand-Anbietern wie Netflix, Walt Disney oder Amazon im Wettbewerb. Der Wettbewerb konzentriert sich auf Werbeerlöse, Reichweite, die Attraktivität der Inhalte und die digitale Reichweite.
Bouygues entwickelte sich im zweiten Quartal 2025 solide, wenn auch mit einem insgesamt verhaltenen Wachstum. Sowohl der Umsatz als auch der Bruttoertrag legten um ein Prozent zu und zeigten damit eine stabile Geschäftsentwicklung. Deutlich dynamischer verlief die Ergebnisentwicklung: Das EBITDA stieg um acht Prozent und auch das operative Ergebnis konnte um sechs Prozent verbessert werden. Unter dem Strich erhöhte sich der Nettogewinn leicht um ein Prozent. Damit bestätigt das Quartal ein Bild stabiler Umsätze bei zugleich spürbaren Effizienzgewinnen, die sich vor allem in der Profitabilität niederschlagen.
Quelle: Finanzdaten von Bouygues zum zweiten Quartal 2025
Blickt man auf das erste Halbjahr 2025, so konnte Bouygues seinen Umsatz auch hier leicht steigern – was vor allem auf die gute Entwicklung im Baugeschäft zurückzuführen war. Auch das operative Ergebnis verbesserte sich spürbar, was in diesem Fall insbesondere auf Equans und die Construction-Aktivitäten zurückzuführen ist. Unter dem Strich legte der Gewinn vor Sondereffekten zu, wurde jedoch durch eine neue Steuerbelastung in Frankreich nicht unerheblich gedämpft. Die Sonderabgabe wirkte sich im ersten Halbjahr bereits mit einem hohen zweistelligen Millionenbetrag deutlich negativ aus und wird den Konzern auch im Gesamtjahr belasten. Trotz dieser zusätzlichen Steuerlast zeigt sich die Finanzlage des Konzerns solide. Bouygues verfügt über eine sehr hohe Liquidität und konnte seine Verschuldung im Jahresvergleich sogar reduzieren, obwohl im gleichen Zeitraum umfangreiche Akquisitionen getätigt wurden.
Der Ausblick von Bouygues für das Jahr 2025 steht zunächst unter dem Eindruck eines unsicheren globalen Umfelds. Auch in Frankreich läuft es nicht wirklich rund. Der Konzern geht dennoch davon aus, dass alle sechs Geschäftssegmente ihre Widerstandsfähigkeit unter Beweis stellen können, und er erwartet eine weitere Verbesserung der Profitabilität. Für das Gesamtjahr wird deshalb lediglich ein leichter Anstieg von Umsatz und operativem Ergebnis gegenüber 2024 erwartet. Das Nettoergebnis wird jedoch durch die zusätzliche Steuerbelastung in Frankreich um rund 100 Millionen Euro geschmälert.
Nach einer leichten Anpassung der Prognosen wird für Equans ein Umsatz auf Vorjahresniveau angestrebt, jedoch mit einer etwas höheren Marge von rund 4,2 Prozent. Auch die Cash-Conversion soll stabil bleiben. Angestrebt wird eine Quote zwischen 80 und 100 Prozent. Mittel- bis langfristig bleibt das Ziel, das Wachstum der Wettbewerber zu erreichen und die Marge bis 2027 auf fünf Prozent zu steigern.
Im Telecom-Sektor erwartet Bouygues dank der Einbeziehung von La Poste Telecom einen Anstieg der fakturierten Umsätze. Bereinigt um diesen Effekt dürfte das Umsatzniveau in etwa dem des Vorjahres entsprechen, abhängig von der Wettbewerbssituation. Das EBITDA nach Leasingkosten wird stabil bleiben, allerdings fällt der Vorteil aus günstigen Energieverträgen weg. Die Investitionen sollen sich dagegen bei rund 1,5 Milliarden Euro einpendeln, unter anderem im Zusammenhang mit der Integration von La Poste Telecom.
Für TF1 bleibt die Lage im Werbemarkt unsicher. Dennoch bestätigt das Unternehmen hier seine Ziele: ein starkes, zweistelliges Wachstum der Digitalerlöse, stabile Margen im Vergleich zu 2024 und eine wachsende Dividendenpolitik in den kommenden Jahren.
In der Dividendenanalyse überzeugt Bouygues durch eine insgesamt sehr solide Ausschüttungspolitik. Die aktuelle Dividendenrendite liegt bei attraktiven 5,4 Prozent und sichert der Aktie in diesem Kriterium die volle Punktzahl. Bemerkenswert ist zudem, dass die Rendite über die vergangenen zehn Jahre im Durchschnitt bei 5,2 Prozent lag und damit auf einem ähnlich hohen Niveau blieb. Damit zeigt Bouygues eine hohe Beständigkeit und ein im Branchenvergleich überdurchschnittliches Niveau. Auch hierfür gab es die volle Punktzahl in der Dividendenanalyse. Kommen wir zur Ausschüttungsquote der Dividende. Mit rund 68 Prozent in den letzten drei Jahren bewegt sie sich in einem gesunden Rahmen: Sie ist hoch genug, um Anlegern eine attraktive Rendite zu bieten, aber nicht so hoch, dass die Substanz oder die Investitionsfähigkeit des Unternehmens gefährdet wären. Für diesen Wert gab es daher ebenfalls drei Punkte in der Dividendenanalyse. Ein weiterer Pluspunkt ist die Kontinuität, für die es ebenfalls drei von drei möglichen Punkten gab. Bouygues zahlt seit mindestens zehn Jahren verlässlich Dividenden. Vielmehr wurde sie seit 19 Jahren nicht gesenkt. Es gab einige Dividendenerhöhungen in dieser Zeit, diese folgten jedoch immer auf längeren Phasen gleichbleibender Dividenden.
Quelle: Bouygues Dividendenhistorie 25 Jahre & Prognose 2025 bis 2028
Das wiederum ist ein Grund, warum das Bild beim Dividendenwachstum etwas schwächer aussieht. In den vergangenen fünf Jahren lag der Zuwachs bei durchschnittlich 3,3 Prozent pro Jahr. Am Ende bedeutet dies zwar ein positives, aber vergleichsweise moderates Wachstum, sodass hier nur ein Teil der möglichen Punkte erreicht wird. Dennoch ist das Dividendenwachstum als solide anzusehen.
Damit erzielt Bouygues in der Gesamtwertung 13 von 15 Punkten und gehört zu den sogenannten Topscorern der Dividendenstrategie. Anleger können die Aktie daher als verlässlichen Dividendenwert mit attraktiver laufender Rendite betrachten – auch wenn das Wachstum nicht ganz so dynamisch ist wie bei einigen anderen Dividendenwerten.
Die Bouygues-Aktie wird aktuell zu einer sehr moderaten Bewertung gehandelt. So liegt beispielsweise das erwartete Kurs-Gewinn-Verhältnis bei 12,9 und das Kurs-Buchwert-Verhältnis bei 1,2. Dies unterstreicht, dass die Aktie nahe am bilanziellen Substanzwert notiert und keinen wesentlichen Aufschlag für Wachstumsperspektiven erhält. Wachstum gab es in den letzten 20 Jahren so gut wie keines. Im Durchschnitt lag das Umsatzwachstum bei knapp zwei Prozent. Immerhin konnte der Nettogewinn mit 3,6 Prozent etwas stärker zulegen. Übernahmen sorgten vor allem ab 2021 für sprunghafte Anstiege.
Quelle: Bouygues Entwicklung von Umsatz und Nettogewinn 20 Jahre
Ein Vergleich der Gewinne mit den freien Cashflows zeigt, dass der Free Cashflow in den letzten Jahren stets deutlich höher war als der Nettogewinn. Auf Basis der letzten zwölf Monate betrug die Differenz sogar mehr als 1,6 Milliarden Euro. In diesem Zusammenhang ist es wenig überraschend, dass das Verhältnis von Unternehmenswert zu Free Cashflow mit 9,7 niedriger ausfällt als das KGV. Hinzu kommt eine erwartete Dividendenrendite von 5,6 Prozent, die weit über dem europäischen Durchschnitt liegt und Anlegern einen attraktiven laufenden Ertrag bietet. Doch auch wenn die Dividendenrendite höher ausfällt als bei anderen Aktien, ist sie im Vergleich zur eigenen Historie keineswegs niedrig. Zwar gibt es bei der Dividendenrendite leicht mehr als im Durchschnitt der letzten 20 Jahre, dafür muss man beim KGV etwas mehr zahlen.
Quelle: Bouygues Entwicklung von Umsatz und Nettogewinn 20 Jahre
Der erwartete Zuwachs des Nettogewinns um 5,6 Prozent zeigt dagegen, dass das Unternehmen auch in einem herausfordernden Marktumfeld moderates Wachstum generieren kann. Vor diesem Hintergrund fällt die niedrige Bewertung umso mehr ins Gewicht.
Quelle: Bewertungen der Bouygues-Aktie
Ein wesentlicher Grund für die Zurückhaltung des Marktes liegt in der Struktur des Konzerns: Bouygues ist ein Mischkonzern, dessen sehr unterschiedliche Kerngeschäfte – Bau, Infrastruktur, technische Services, Telekommunikation und Medien – teilweise zyklisch verlaufen. Mischkonzerne erhalten an der Börse oft einen Bewertungsabschlag, da Investoren sie schwerer einschätzen können und keine klare Fokussierung auf ein Wachstumsfeld erkennen. Darüber hinaus gilt insbesondere das Bau- und Immobiliengeschäft als margenschwach und ist stark von konjunkturellen Schwankungen sowie von öffentlichen Investitionsprogrammen abhängig. Auch das französische Immobiliensegment, in dem Bouygues aktiv ist, leidet aktuell unter der schwachen Konjunktur, höheren Zinsen und schwacher Nachfrage als noch vor Jahren. Gleichzeitig belastet im Jahr 2025 die Einführung einer zusätzlichen Steuer für große Unternehmen in Frankreich das Nettoergebnis. Ähnlich sieht es im Telekommunikationsgeschäft aus. Die Margen stehen aufgrund des starken Wettbewerbs unter Druck. Außerdem sind hohe Investitionen in das Netz erforderlich. Dies führt selbst bei stabilen Erträgen zu dauerhaft hohen Kapitalbindungen. Investoren mögen so etwas gar nicht. Medienaktivitäten wie TF1 sind hingegen von der Volatilität des Werbemarktes sowie dem Wettbewerb durch internationale Streamingdienste geprägt. Nichtsdestotrotz zeigt die Geschichte von Bouygues, dass Anleger mit der Aktie tendenziell kein Geld verloren haben. Zumindest konnten die Dividenden über die Jahre hinweg die Rendite etwas retten. Und diese sind im historischen Kontext tendenziell gestiegen. Es liegt also auch bei dieser Aktie ein gewisses Maß an Pricing-Power und Substanz vor.
Bouygues steht heute an der Schnittstelle zentraler Megatrends wie Urbanisierung, Digitalisierung und Energiewende. Dank seiner breiten Aufstellung in den Bereichen Bau, Infrastruktur, Energiedienstleistungen, Telekommunikation und Medien gelingt es dem Konzern, unterschiedliche Konjunkturzyklen auszugleichen und zugleich in Zukunftsfeldern präsent zu sein. Dies ist ein wichtiges Argument für die Aktie, die von Investoren aufgrund des geringen Wachstums, der hohen Verschuldung und der Komplexität eher gemieden wird.
Doch die großen Übernahmen der letzten Jahre – insbesondere Equans und La Poste Telecom – haben das Profil des Unternehmens geschärft und die Umsatzbasis deutlich verbreitert. Zukünftig könnten Synergien auch die Erträge überproportional steigen lassen. Bouygues bietet Investoren damit ein ausgewogenes Chance-Risiko-Profil: Einerseits lockt eine überdurchschnittlich attraktive Dividendenrendite bei stabiler Ausschüttungspolitik, andererseits eröffnet die Ausrichtung an Megatrends langfristige Wachstumsperspektiven. Die günstige Bewertung der Aktie spiegelt weniger die operative Stärke wider, sondern vielmehr die Konglomeratsstruktur und die zyklische Abhängigkeit einzelner Segmente. Wer einen breit diversifizierten, soliden Dividendenwert mit internationaler Präsenz und strategischem Fokus auf Zukunftsmärkte sucht, für den könnte Bouygues eine interessante Option sein.
Quelle: Analystenmeinungen zur Bouygues-Aktie
Auch die Analysten sehen überwiegend Chancen. Mehr als 50 Prozent von ihnen stufen die Aktie als Kauf ein. Etwas über 40 Prozent stufen sie als Halteposition ein und nur 6 Prozent raten zum Verkauf. Das durchschnittliche Kurspotenzial liegt bei 1,6 Prozent innerhalb eines Jahres. Große Sprünge sind bei dieser Aktie nicht zu erwarten. Vielmehr kann sie als Value-Investment betrachtet werden, mit dem Kapital potenziell gesichert wird. Doch viele wissen, dass es im Fernseh- und Telekommunikationsgeschäft große Schwächen gibt. Der Konzern muss hierfür erst einmal glaubwürdige Lösungen finden, damit sich die Bewertung verbessert. Für kritische Anleger bedeutet das: abwarten und Tee trinken. Sollte die Aktie wieder unter 30 Euro fallen, könnte sie deutlich interessanter sein. Es könnte sich lohnen, einen Alarm mit entsprechendem Kursmarker zu stellen, um sich den Titel später noch einmal genauer anzuschauen.
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