TeamViewer Aktienanalyse: Fallen Angel oder Eintagsfliege?

10.1.2024 | High-Growth-Investing TeamViewer Aktienanalyse: Fallen Angel oder Eintagsfliege?

Die TeamViewer Aktie hat in der Ära des Social Distancing und der Remote Work als Anbieter von Fernzugriffslösungen bedeutenden Aufschwung erlebt. Trotz eines Kursrückgangs seit dem Börsengang, zeigt die fundamentale Entwicklung des Unternehmens mit 11 von 18 Punkten im HGI-Score bemerkenswerte Stärke. Ist TeamViewer also eine unterschätzte Chance?

Inhaltsverzeichnis

Wir schreiben das Jahr 2020: Die Coronapandemie bricht aus. Nach einem kurzen, historischen Einbruch am Aktienmarkt steigen die Kurse vieler Technologieunternehmen nur in eine Richtung – nach oben. Schlagworte wie 'Social Distancing' und 'Remote Work' werden allgegenwärtig. Mit ihren digitalen Geschäftsmodellen treffen diese Unternehmen, die oft erst kurz zuvor an die Börse gegangen sind, genau den Nerv der Zeit. Eine der wenigen nicht-amerikanischen Aktien, die bereits zu Beginn der Coronapandemie von diesen Trends profitieren konnte, ist die TeamViewer Aktie (ISIN: DE000A2YN900).

 

Der Aktienkurs von TeamViewer verdoppelte sich in weniger als drei Monaten nahezu und erreichte im Juli 2020 knapp 52 €. Jedoch führten viele, größtenteils intern verursachte Probleme – wie das viel zu teure Sponsoring von Manchester United oder Verträge mit der Formel 1 – bald darauf zu einem Absturz des Aktienkurses. Im Oktober 2022 wurde das Papier teilweise um die 7 € gehandelt – ein starker Abfall im Vergleich zum Jahr 2020.

TeamViewer Aktienkurs

Quelle: TeamViewer Aktienkurs

Zwar konnte sich der Kurs des Unternehmens seitdem wieder etwas erholen und sich von den Tiefstständen teilweise mehr als verdoppeln, dennoch steht seit dem Börsengang von TeamViewer eine Kursentwicklung von mehr als -40%.

Betrachtet man die Aktienkursentwicklung genauer, erweist sich die TeamViewer-Aktie als nichts für schwache Nerven. Dennoch ist die fundamentale Entwicklung bemerkenswert: Das Papier erhält mittlerweile 11 von möglichen 18 Punkten im HGI-Score und wird nahe der Topscorer gelistet. Wie soll man das bewerten? Ist die TeamViewer Aktie (Symbol: TMV) nun ein günstig bewertetes Papier mit einer vielversprechenden Zukunft? Kann man in den kommenden Jahren große Kurssteigerungen von der Aktie erwarten?

Das Wichtigste in Kürze

  • TeamViewer ist der führende Anbieter für Fernwartungslösungen im europäischen und amerikanischen Raum.
  • Das Unternehmen war einer der großen Corona Profiteure, hat in den Jahren 2021 und 2022 aber einen großen Absturz erlebt.
  • Die Aktie ist mit einem EV/FCF von unter 12 derzeit günstig bewertet und zeichnet sich durch zweistelliges Wachstum sowie hohe Margen aus.

TeamViewer Aktie Geschäftsmodell

Das Geschäftsmodell von TeamViewer basiert auf der Bereitstellung von Fernzugriffs- und Fernsupportlösungen sowohl für Unternehmen als auch für Privatpersonen. TeamViewer bietet eine Softwareplattform, die es Benutzern ermöglicht, auf entfernte Computer, mobile Geräte und Server zuzugreifen, um damit Support, Fernwartung, Fernschulungen und Zusammenarbeit durchzuführen. Das Unternehmen generiert seine Einnahmen durch den Verkauf von Lizenzen für seine Software an Unternehmen und durch Abonnements für Privatnutzer. Zusätzlich bietet TeamViewer spezielle Lösungen für Unternehmen an, die erweiterte Funktionen und Support benötigen.

TeamViewer vereinfacht zugleich die Vernetzung von Software- und Computerlösungen innerhalb von Unternehmen. Der 'Total Addressable Market' (TAM), den TeamViewer bedienen kann, soll in den kommenden beiden Jahren um circa 18% jährlich wachsen und dann ein Volumen von 37 Milliarden Euro erreichen. Bei einem Umsatz von 614 Millionen Euro im Jahr 2023 hat TeamViewer somit einen Marktanteil von etwa 2%. Angesichts eines Umsatzwachstums von knapp über 10% scheint TeamViewer derzeit eher Marktanteile zu verlieren als zu gewinnen.

TeamViewer Capital Markets Day

Quelle: TeamViewer Capital Markets Day

TeamViewer räumt zudem ein, dass der Wettbewerb sich deutlich verschärft hat. In einer Präsentation am Capital Markets Day 2021 offenbarte das Unternehmen, dass es insbesondere bei kleineren Billingvolumen Kundenverluste hinnehmen musste.

TeamViewer bezeichnet AnyDesk aus Stuttgart, das von vier ehemaligen TeamViewer-Mitarbeitern gegründet wurde, als seinen direkten Konkurrenten. Während AnyDesk vorrangig den asiatischen Markt bedient, ist TeamViewer in den westlichen Industrienationen führend.

TeamViewer Capital Markets Day

Quelle: TeamViewer Capital Markets Day

TeamViewer Quartalszahlen Q3 2023

TeamViewer konnte seine Umsätze im vergangenen Quartal um 10% steigern, was in etwa dem Wachstum der vorangegangenen Quartale entspricht, das insgesamt bei 12% lag. Die Billings, die für Softwareunternehmen oft von noch höherer Bedeutung sind, stiegen um 4%. Allerdings wurden diese durch Währungseffekte negativ beeinflusst. Ohne diese Währungseffekte hätten die Billings ein Wachstum von 8% verzeichnet.

Billings repräsentieren die Summe der Rechnungen, die TeamViewer seinen Kunden innerhalb eines Quartals stellt. Sie umfassen daher auch zukünftige Umsätze – also Umsätze, die bereits in Rechnung gestellt, aber noch nicht realisiert sind. Für die Einschätzung der zukünftigen Umsatzentwicklung sind Billings daher oft ein entscheidender Indikator.

TeamViewer GuV Q3 2023

Quelle: TeamViewer GuV Q3 2023

Als sehr positiv zu werten ist hingegen die gute Entwicklung des EBITDA-Ergebnisses, wie es hier zu sehen ist.

TeamViewer Q3 Ergebnisse

Quelle: TeamViewer Q3 Ergebnisse

Da auch die Abschreibungen des Unternehmens abnahmen, stieg das EBIT und der Nettogewinn nochmals deutlicher um 55% bzw. 61%. Der Cashflow des Unternehmens jedoch entwickelte sich leicht rückläufig.

TeamViewer Aktie Free Cashflow Entwicklung

Quelle: TeamViewer Aktie Free Cashflow Entwicklung

In den ersten neun Monaten des Geschäftsjahres stieg der Free Cashflow dennoch um insgesamt 47%.

 

TeamViewer Aktie Vorstand

TeamViewer Management

Quelle: TeamViewer Management

Die mit Abstand bekannteste und schillerndste Figur im TeamViewer-Gefüge ist CEO Oliver Steil. Steil leitet das Unternehmen seit 2018 und war somit bereits zum Zeitpunkt des Börsengangs als Unternehmenschef an Bord. Allerdings wurde ihm das TeamViewer-Sponsoring von Manchester United negativ angekreidet, was zeitweilig fast zu seiner Absetzung geführt hätte.

Dass er dennoch bleiben durfte, liegt sicherlich auch daran, dass Steil zuvor Partner beim Großaktionär Permira war, einem Private-Equity-Unternehmen, das sich auf den An- und Verkauf verschiedener Unternehmen spezialisiert. Zudem profitiert Steil von seiner umfangreichen Erfahrung als Chef von Technologieunternehmen: Er leitete bereits die heutige Freenet AG und die Sunrise Communications AG, einen Telekommunikationsanbieter aus der Schweiz.

Unterstützt wird Steil von Michael Wilkens, der seit 2022 bei TeamViewer ist und zuvor diverse Positionen bei der Deutschen Telekom innehatte. Während Peter Turner ebenfalls im Jahr 2022 zu TeamViewer stieß und zuvor bei Avast als Chief Commercial Officer für circa 900 Millionen Dollar Umsatz verantwortlich war, war Mei Dent fast 25 Jahre beim Software-Entwicklungsunternehmen OpenText tätig. Sie ist erst seit August 2023 im Unternehmen – abgesehen von Oliver Steil ist der Vorstand also erst kürzlich zu TeamViewer gestoßen.

TeamViewer Aktie Bewertung

Werfen wir zuerst einen Blick in die Bilanz. Es fällt hier sofort auf, dass TeamViewer zu einem großen Teil von Fremdkapital finanziert ist. Dies äußert sich auch in einem sehr hohen Verschuldungsgrad von fast 6, der gemäß dem HGI Score als negativ zu werten ist. Tatsächlich ist der hohe Bestand von Fremdkapital in der reinen Finanztheorie nicht unbedingt negativ zu bewerten, da Unternehmen lieber Fremdkapital als Eigenkapital aufnehmen. Dies ist darauf zurückzuführen, dass Investoren in Aktien aufgrund des höheren Risikos eine höhere Rendite erwarten. Ein hoher Fremdkapitalbestand birgt aber natürlich ein Risiko und auch eine hohe Zinsbelastung. Aktionäre sollten diese Kennzahl unbedingt im Auge behalten.

Zudem ist negativ zu bemerken, dass TeamViewer hohe immaterielle Vermögensgegenstände aufweist. Diese bestehen zum Großteil aus Goodwill. Goodwill entsteht ausschließlich durch Übernahmen einer Firma und ist bei Softwarefirmen wegen ihres Geschäftsmodells mit wenig materiellen Vermögensgegenständen nicht unüblich.

Im Jahresbericht 2022 wurde darauf hingewiesen, dass der Goodwill immer noch eine Wertigkeit besitzt, sprich, durch zukünftige Einnahmen gedeckt werden kann. Weitere immaterielle Vermögensgegenstände umfassen Trademarks und Kundenbeziehungen.

TeamViewer Bilanz

Quelle: TeamViewer Bilanz

Beim Blick auf den HGI-Score fällt sofort die hohe Bruttomarge von fast 87% auf, die sehr positiv zu werten ist. Schafft TeamViewer es, seine Sales- und Marketingkosten herunterzufahren, kann das Unternehmen deutlich profitabler werden. Die letzten Quartale zeigen einen leichten Trend in Richtung höherer Profitabilität.

Das Umsatzwachstum von TeamViewer hingegen liegt seit mehreren Jahren bei ca. 10%. Dies ist nicht besonders hoch für ein Wachstumsunternehmen, jedoch ist TeamViewer bereits profitabel und das Marktvolumen soll auch in den kommenden Jahren weiter steigen.

HGI Kennzahlen TeamViewer

Quelle: HGI Kennzahlen TeamViewer

Aktuell kommt TeamViewer insgesamt auf 11 von 18 möglichen Punkten und reiht sich weit oben unter allen Unternehmen ein.

TeamViewer Aktie Prognose 2024

Wenn man einen Blick auf die Analystenschätzungen wirft, zeigt sich ein positives Bild. Im Durchschnitt erwarten die Experten auf Sicht von 12 Monaten eine Steigerung des Wertes um 28%. Dabei reichen die Schätzungen in der Spitze sogar bis zu einem Upside-Potenzial von knapp 72%, während das Rückschlagsrisiko auf maximal 10% begrenzt wird.

TeamViewer Kursziel

Quelle: TeamViewer Kursziel

Fazit zur TeamViewer Aktie

TeamViewer ist derzeit in einem wachsenden Markt unterwegs, den sich das Unternehmen laut eigenen Angaben mit Anydesk aufteilt. Während TeamViewer im europäischen und amerikanischen Raum führend ist, hat das Unternehmen im asiatischen Bereich einen Rückstand auf Anydesk. Mit Blick auf diese Einschätzung wirkt die TeamViewer-Aktie mit einem KGV von knapp über 21 nicht übermäßig teuer. Die aktuellen Analystenschätzungen zeigen, dass der Gewinn je Aktie in den kommenden Jahren auf 0,85€ steigen soll (2023 Schätzung: 0,60€) und somit das KGV auf knapp 15 sinken soll.

TeamViewer Gewinn je Aktie

Quelle: TeamViewer Gewinn je Aktie

TeamViewer erscheint noch attraktiver, wenn man das Verhältnis von Unternehmenswert zu Free Cashflow betrachtet. Hier zeigt sich eine Bewertung mit einem Vielfachen von etwa 11. Dies deutet auf ein erhebliches Potenzial für Wachstum hin, vorausgesetzt, TeamViewer gelingt es weiterhin, mit dem Markt Schritt zu halten und seine Gewinne überproportional zu steigern. Angesichts der aktuellen Bewertung und den positiven Wachstumsaussichten sollte es dem Unternehmen durchaus möglich sein, die Performance des deutschen und europäischen Marktes zu übertreffen.

Dieses Szenario bietet ein gutes Chance-Risiko-Profil, zumindest wenn man den Analystenschätzungen Glauben schenkt. Aufgrund der aktuellen Markteinschätzungen und der zugrunde liegenden Dynamiken, wie dem steigenden Bedarf an Fernzugriffs- und Supportlösungen, erscheint es durchaus plausibel, dass die Prognosen der Analysten eintreffen könnten.

 

Wenn du weiterhin über TeamViewer Aktie News informiert bleiben möchtest, dann füge die Aktie einem deiner Portfolios auf aktien.guide hinzu und aktiviere das Morning Briefing. Auf diese Weise erhältst du jeden Morgen alle relevanten News zur TeamViewer-Aktie direkt in dein Postfach.

Wenn Du wöchentlich neue Investmentideen und kostenlose Aktienanalysen, die nach der Levermann-, High-Growth-Investing- oder Dividenden-Strategie ausgewählt wurden, per E-Mail bekommen möchtest, dann kannst Du jetzt unseren kostenlosen aktien.guide Newsletter abonnieren.

Der Autor und/oder mit dem aktien.guide verbundene Personen oder Unternehmen besitzen oder können Anteile von Waste Management besitzen. Dieser Beitrag stellt eine Meinungsäußerung und keine Anlageberatung dar. Bitte beachte die rechtlichen Hinweise.

Lukas Langer

Autor: Lukas Langer

Lukas Langer ist Co-CEO von aktien.guide und unterstützt das Unternehmen seit über drei Jahren. Er hat einen Masterabschluss im Wirtschaftsingenieurwesen und sammelte während seines Studiums praktische Erfahrungen in einem DAX-Konzern sowie in der Unternehmensberatung. Selbst begeisterter Privatanleger setzt er sich leidenschaftlich dafür ein, aktien.guide zum führenden Tool für Privatanleger zu entwickeln.