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Merck Aktie: Ein DAX-Riese erwacht

Geschrieben von Frank Seehawer | 22.6.2021
Die dem DAX zugehörige Merck Aktie (ISIN: DE0006599905) ist vielen Anlegern wahrscheinlich zuletzt durch die Partnerschaft mit dem Impfstoff-Hersteller Biontech aufgefallen. Das Unternehmen stellt Lipide her, die bei der Produktion des Corona-Impfstoffs benötigt werden.

Merck KGaA überzeugt aktuell durch ein sehr starkes organisches Wachstum in seiner umsatzstärksten Life Science Sparte. Die Profitabilität verbessert sich erheblich und auch der Ausblick auf das Gesamtjahr 2021 wurde zuletzt angehoben. In der Levermann-Analyse überzeugt die Aktie ebenfalls: Hier wurde mittlerweile ein Score von vier Punkten erreicht. Ob die Aktie, die aktuell sehr teuer erscheint, damit auch ein Kauf sein kann, das möchten wir mit der nachfolgenden Analyse prüfen.

Unternehmensprofil: Diversifizierter Wissenschafts- und Technologiekonzern im Bereich Chemie und Pharma

Bei der deutschen Merck KGaA handelt es sich um einen diversifizierten Chemie- und Pharmakonzern, der nicht zu verwechseln ist mit dem amerikanischen Pharmakonzern Merck & Co.. Die Namensähnlichkeit hat einen gemeinsamen Ursprung: Vor dem Ersten Weltkrieg gehörten beide Unternehmen der deutschen Industriellenfamilie Merck, die infolge des Krieges von ihrem Amerika-Geschäft enteignet wurden.

Trotz Gemeinsamkeiten unterscheiden sich die beiden Konzerne in ihren jeweiligen Geschäften heute erheblich. Während die Amerikaner sich als einen reinen Pharmakonzern einordnen lassen, ist die Aufstellung der Darmstädter deutlich breiter. Bei ihnen gibt es zwar mit dem Segment Healthcare auch einen direkten Bezug zur Pharmabranche, es stellte mit einem Umsatz von 6,6 Milliarden Euro im Geschäftsjahr 2020 jedoch weniger als 40 Prozent der Gesamtumsätze. Der weitaus größere Anteil der Umsätze lässt sich der Geschäftseinheit Life Science mit 7,5 Milliarden Euro zurechnen. Das kleinste Segment ist der Bereich Electronics, welcher im Geschäftsjahr 2020 einen Umsatz von 3,4 Milliarden Euro aufwies.

Insgesamt konnte im Geschäftsjahr 2020 ein Rekordumsatz von 17,5 Milliarden Euro erreicht werden, der um rund 9 Prozent über dem Vergleichswert von 16,2 Milliarden Euro lag. Das stärkste organische Wachstum kam dabei aus dem Segment Life Science. Hier wurde ein organisches Umsatzwachstum von knapp 12 Prozent ausgewiesen.

Nicht nur die Umsatzentwicklung war erfreulich, sondern besonders die Entwicklung der Ertragslage. So wurde ein operatives Ergebnis von fast drei Milliarden Euro erreicht, welches um knapp 41 Prozent über dem vergleichbaren Wert des Vorjahres lag und gleichzeitig das beste Ergebnis der letzten zehn Jahre darstellt. Die operative Marge erhöhte sich zugleich auf 17 Prozent von zuvor 13 Prozent. Auch beim Ergebnis je Aktie wurden deutliche Zuwächse ausgewiesen: Es stieg von 3,04 Euro um 50,3 Prozent auf 4,57 Euro.

Der Erfolg hat tiefe Wurzeln: Zu Beginn des Jahrhunderts begann Merck mit einem tiefgreifenden Konzernumbau, der zahlreiche Unternehmenskäufe und -verkäufe umfasste. Einige der größten Übernahmen der vergangenen Jahre lassen sich mit Serono (10,6 Milliarden Euro), Millipore (5,2 Milliarden Euro) oder Sigma-Aldrich (13,1 Milliarden Euro) benennen. So wurde schließlich aus dem langweiligen Chemie- und Pharma-Konglomerat ein attraktiver Wachstumswert im DAX, der ein beeindruckendes organisches Wachstum aufweist – besonders im Bereich Life Science.

Erklärbar ist das aufkeimende Wachstum insbesondere mit der Corona-Pandemie, denn Merck nimmt eine Schlüsselfunktion in der Lieferkette für die Impfstoffproduktion ein. Das Unternehmen liefert die dringend benötigten Lipide, die bei der Herstellung des Covid-19-Impfstoffs von Biontech erforderlich sind. Zudem arbeitet Merck an mehr als 35 Testlösungen, 50 Impfstoffen sowie 20 Programmen zu Covid-19-Therapeutika mit und übernimmt so eine wichtige Rolle bei der Eindämmung der Pandemie.

Die letzten Quartalszahlen und der Ausblick der Merck Aktie

Ähnlich positiv wie das Geschäftsjahr 2020 abgeschlossen wurde, entwickelte sich das erste Quartal 2021. Hier konnte ein Umsatzplus von sechs Prozent auf 4,6 Milliarden Euro ausgewiesen werden. Das operative Ergebnis erhöhte sich um rund 46 Prozent auf 1,04 Milliarden Euro. Die operative Marge konnte so auf mehr als 22 Prozent gesteigert werden. Auch beim Ergebnis je Aktie sah es gut aus: Es erhöhte sich von 1,05 Euro um 63,8 Prozent auf 1,72 Euro.

Besonders positiv zeigte sich wieder der Geschäftsbereich Life Science, der das Quartal mit einem organischen Umsatzwachstum von beeindruckenden 26,7 Prozent abschloss. Die anderen beiden Segmente könnten ebenfalls ein positives organisches Wachstum ausweisen, auch wenn dieses nur im niedrigen einstelligen Bereich lag. Auf Konzernebene wurde so ein organisches Wachstum von über 12 Prozent erreicht. Negative Währungseffekte von circa 6 Prozent sowie Veräußerungen von Unternehmensbereichen sorgten schließlich für eine Gesamtveränderung des Umsatzes von sechs Prozent.

Die starken Ergebnisse des ersten Quartals lassen das Management derweil optimistischer in die Zukunft blicken, weshalb auch die Prognose für das Geschäftsjahr 2021 erhöht wurde. Erwartet wird nun ein organisches Wachstum zwischen zehn und zwölf Prozent. Zuvor wurde lediglich von einem starken organischen Wachstum gesprochen. Konkret soll ein Umsatzziel von 18,5 bis 19,5 Milliarden Euro realisiert werden. Im Vergleich zum Vorjahresumsatz von 17,5 Milliarden Euro würde dies im günstigsten Fall einem Wachstum von knapp über 11 Prozent entsprechen. Im schlechtesten Fall sollte – gemäß der aktuellen Prognose – ein Wachstum von 5,5 Prozent erreicht werden.

Schaut man auf das von Analysten geschätzte Ergebnis je Aktie für 2021 von 5,84 Euro, so ließe sich auch hier im Vergleich zum Jahr 2020 ein deutlicher Ergebnissprung erkennen. Dieser könnte jedoch im Folgejahr 2022 etwas schwächer ausfallen, denn die Analysten sehen dann ein Ergebnis je Aktie von 6,28 Euro für realistisch an. Der Wert würde aber noch für ein hohes einstelliges erwartetes Gewinnwachstum von über 7 Prozent reichen.

Aktienkursentwicklung und wichtige Kennzahlen der Merck Aktie

Gute fundamentale Kennzahlen aus der Levermann-Analyse können mit der EBIT-Marge von 18 Prozent sowie der Eigenkapitalquote von etwas über 40 Prozent genannt werden. Auch das erwartete Gewinnwachstum von etwas mehr als 7 Prozent ist als gut zu interpretieren. Deutlich weniger überzeugt dafür die geringe Eigenkapitalrendite von 12 Prozent. Auch wenn einige der Fundamentalwerte gut aussehen, für eine Bestplatzierung in der Levermann-Analyse reicht keiner der Werte aus.

Besser sieht es da bei den Dividendenzahlungen aus, denn die Merck KGaA schaffte es fast in jedem der letzten zehn Jahre die Dividende zu erhöhen. Das durchschnittliche Dividendenwachstum belief sich sogar auf fast sechs Prozent jährlich über die vergangenen fünf Jahre und schlägt damit die Inflation um Längen. Weniger überzeugend ist die aktuelle Dividendenrendite von 0,92 Prozent. Sie ist mit einer geringen Ausschüttungsquote sowie einer hohen Bewertung der Aktie zu erklären.

Bewertung der Merck Aktie

Bei der Bewertung erscheint die Merck KGaA Aktie mit einem erwarteten Kurs-Gewinn-Verhältnis von 26 teuer für ein nur einstellig erwartetes Ergebniswachstum. Ein ähnliches Bild ergibt der Blick auf die fundamentalen Kennzahlen. Hier wird das Unternehmen zu einem Enterprise Value von 76 Milliarden Euro gehandelt. Gemessen an dem Free Cashflow der letzten zwölf Monate von 2,8 Milliarden Euro errechnet sich so ein ähnlich hoher Free Cashflow Multiplikator von ungefähr 27. Der Faktor auf das operative Ergebnis der letzten zwölf Monate von 3,53 Milliarden Euro ist mit circa 21 ebenfalls hoch.

Fazit zur Merck Aktie

Die Merck KGaA ist ein durchaus spannendes Unternehmen aus dem DAX, welches sich durch eine große Diversifizierung im Chemie- und Pharmasektor auszeichnet. Am meisten überzeugt jedoch das größte Segment, Life Science. Es erreichte zuletzt ein organisches Umsatzwachstum von rund 27 Prozent und war maßgeblich für das überzeugende Umsatzwachstum im ersten Quartal 2021 verantwortlich. Die Dynamik scheint dabei noch nicht gebrochen zu sein, denn die Pandemie nimmt angesichts neuer Mutanten kein Ende. Allein von diesem Sachverhalt könnte Merck noch gut in der nahen Zukunft profitieren.

Auch wenn die Zukunftsaussichten des auf Wissenschaft und Technologie fokussierten Konzerns mittlerweile ganz gut aussehen, um die hohe Bewertung zu rechtfertigen, sollte das starke organische Wachstum eine weiterhin erfreuliche Dynamik aufweisen. Ob dies am Ende tatsächlich der Fall sein wird, könnte auch eine Frage nach der Konkurrenzsituation sein. Schließlich planen noch andere Unternehmen wie Evonik, die Lipid-Produktion hochzufahren.

Erfreulich ist daher, dass das Unternehmen auch noch andere vielversprechende Geschäftsbereiche besitzt. So soll der Bereich Healthcare im laufenden Jahr organisch zwischen sieben und zehn Prozent zulegen und auch für den zuletzt schwachen Bereich Electronics wird ein organisches Wachstum zwischen fünf und sieben Prozent erwartet. Schafft es Merck das Wachstum auch in diesen Bereichen nachhaltig hochzuhalten, so könnte die Aktie bei Kursrücksetzern durchaus attraktiv sein.

 

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Der Autor und/oder mit dem aktien.guide verbundene Personen oder Unternehmen besitzen oder können Anteile von Merck besitzen. Dieser Beitrag stellt eine Meinungsäußerung und keine Anlageberatung dar. Bitte beachte die rechtlichen Hinweise.