Infineon Aktie: Mit Cypress zum Weltmarktführer

31.8.2020 | Levermann Infineon Aktie: Mit Cypress zum Weltmarktführer

Marktführer der Halbleiterhersteller Infineon kauft Cypress. Lohnt sich der Kauf von Infineon Aktien? Hier lesen...

Dass Hersteller von Mikrochips und Mikrosensoren eine rosige Zukunft besitzen, haben wir bereits mit einer vorherigen Analyse über den österreichischen Chip- und Sensorhersteller AMS herausgearbeitet.

Heute möchten wir mit der Infineon-Aktie (ISIN: DE0006231004) einen weiteren Halbleiterhersteller vorstellen, der sich durch eine hohe Marge sowie gute Bilanzsituation auszeichnet. Der Münchner DAX-Konzern ist zudem durch die Übernahme des US-Konzerns Cypress Semiconductor zum Weltmarktführer bei Halbleitern für die Automobilindustrie aufgestiegen.

Das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von über 40 relativiert sich angesichts eines Gewinnwachstums von über 60 Prozent. Ob dieser Sachverhalt die Aktie am Ende zu einem Kauf macht?

 

Geschäftsmodell: Halbleiter für Automobile

Infineon ist ein deutscher Halbleiterhersteller, der sich auf die drei wesentlichen Produktkategorien Automobilelektronik, Leistungshalbleiter sowie Sicherheits ICs (Integrated Circuit – integrierte Schaltkreise) spezialisiert hat. Das Geschäft mit Leistungshalbleitern umfasst Stromversorgungen, Komponenten für die Mobilfunkinfrastruktur sowie für mobile Endgeräte (Power & Sensor Systems).

Weltweiter Marktführer ist Infineon mittlerweile bei Halbleitern für die Automobilindustrie, weshalb das Unternehmen auch als eine Art Automobilzulieferer gesehen werden kann. Im Geschäftsjahr 2019 stellte das Automotiv-Segment rund 44 Prozent der Umsatzerlöse. Das zweitstärkste Segment mit einem Umsatzanteil von 30 Prozent ist auf das Geschäft mit Leistungshalbleitern, bei dem Infineon ebenfalls eine weltweit führende Rolle innehat.

Das Unternehmenswachstum vollzog sich nicht immer organisch. So kaufte Infineon im Juni 2019 den US-Halbleiterhersteller Cypress für umgerechnet neun Milliarden Euro. Die Beteiligung, die erst ab dem 16. April 2020 vollständig von Infineon konsolidiert wird, führte nach der vorläufigen Kaufpreisallokation zu einem Geschäfts- oder Firmenwert von rund 5,5 Milliarden Euro im dritten Quartal 2020. Die Übernahme, die von Branchenkennern als zu teuer kritisiert wurde, soll dafür sorgen, dass Infineon ein Komplettlieferant der Automobilindustrie wird.

Infineon ist heute nicht nur Deutschlands größter Halbleiterhersteller, sondern gehört seit der Cypress-Übernahme auch zu den zehn größten Halbleiterherstellern der Welt.

Mit einem Umsatz von zuletzt 8,0 Milliarden Euro schloss der im Landkreis München ansässige Konzern das Geschäftsjahr 2019 ab. Gegenüber dem Vorjahreswert von 7,6 Milliarden Euro entsprach dies einem Umsatzwachstum von 6 Prozent.

Beim Konzernjahresüberschuss wurde allerdings ein deutlicher Rückgang von 19 Prozent auf 870 Millionen Euro ausgewiesen. Das Bruttoergebnis stieg jedoch um 4 Prozent auf 3,0 Milliarden Euro. Die entsprechende Bruttomarge betrug 38 Prozent.

 

Die letzten Quartalszahlen und der Ausblick der Infineon Aktie

Von einem großen Umsatzsprung durch die Cypress-Übernahme konnte man im letzten Quartal – auch Corona-bedingt – wenig erkennen. Für das dritte Quartal, welches am 30. Juni 2020 endete, wurden von Infineon Umsatzerlöse von 2,2 Milliarden Euro ausgewiesen – ein Betrag, der um 8 Prozent über dem vergleichbaren Vorjahreswert von 2,0 Milliarden Euro lag.

Das Segmentergebnis lag mit 220 Millionen Euro um 31 Prozent unter dem vergleichbaren Vorjahreswert von 317 Millionen Euro. Die Segmentergebnis-Marge des aktuellen Quartals beläuft sich damit auf 15,7 Prozent.

Beim Ausblick auf das Geschäftsjahr 2020 erwartet der Vorstand einen Umsatz von 8,5 Milliarden Euro sowie eine Segmentergebnis-Marge von voraussichtlich 13 Prozent. Diese Werte gelten nur, sofern für das vierte Quartal 2020 ein Umsatz in der Mitte der Prognose von 2,3 und 2,6 Milliarden Euro eintritt.

Insgesamt würde damit – trotz der teilweise konsolidierten Übernahme von Cypress – der Umsatz nur um eine halbe Milliarde US-Dollar steigen, was einem Umsatzwachstum von rund 6,3 Prozent gleich käme. Und auch die Segmentergebnis-Marge würde sich gegenüber dem Vorjahr (16,4 Prozent) abschwächen.

Der Datenbank des aktien.guide kann man ein erwartetes Gewinnwachstum von 63,6 Prozent für die Infineon Aktie entnehmen. Dieser Wert lässt sich auf Basis des 2020er EPS von 0,55 Euro sowie des erwarteten EPS 2021 von 0,90 Euro errechnen. Damit gehört die Infineon Aktie zu den Top-Werten der Aktien mit hohem Ergebniswachstum in der Levermann-Strategie. Das von Analysten erwartete Ergebnis von 0,55 Euro für das Jahr 2020 liegt allerdings deutlich unter dem Ergebnis je Aktie aus dem Jahr 2019 von 0,75 Euro (-27,7 Prozent).

Gewinnwachstum 2 Jahre der Infineon Aktie - Chart



Aktienkursentwicklung und wichtige Kennzahlen der Infineon Aktie

Zwei weitere gute Kennzahlen, für die es in der Levermann-Analyse auch jeweils einen Pluspunkt gab, sind die EBIT-Marge sowie die Eigenkapitalquote. Die EBIT-Marge beläuft sich auf 12,5 Prozent, die Eigenkapitalquote erreichte am Geschäftsjahresende 2019 einen Wert von 62,5 Prozent. Mit dem hohen Wert des Eigenkapitals in Relation zur Bilanzsumme hat sich die Infineon Aktie ebenfalls einen Platz unter den besten Aktien mit hoher Eigenkapitalquote in der Levermann-Analyse verschafft.

Aktienkurs der Infineon Aktie 5 Jahre - Chart

 

Hoher Goodwill in der Infineon Bilanz durch Cypress-Übernahme

Eine besondere Aufmerksamkeit bekommt nach der Cyprus-Übernahme der Goodwill in der Infineon-Bilanz. Die bilanzierten Geschäfts- oder Firmenwerte beliefen sich nämlich zum 30.06.2020 auf 6,2 Milliarden Euro und entsprechen nun fast 60 Prozent des bilanzierten Eigenkapitals von 10,5 Milliarden Euro.

Zwar gibt es zum Stichtag des 30.06.2020 Zahlungsmittel und Finanzinvestments im Wert von fast 2,5 Milliarden Euro, jedoch belaufen sich die langfristigen Finanzverbindlichkeiten im Gegenzug auf 7,2 Milliarden Euro.

Positiv ist daher, dass der Mittelzufluss aus laufender Geschäftstätigkeit der fortgeführten Aktivitäten im letzten Quartal deutlich gesteigert werden konnte. Der Cashflow erhöhte sich nämlich von 396 Millionen Euro im dritten Quartal 2019 auf 533 Millionen Euro. Infineon bleibt damit, wie in den Jahren zuvor auch, ein Unternehmen mit starken Cashflows.

 

Bewertung der Infineon Aktie

Gemessen an dem Kurs-Gewinn-Verhältnis von aktuell 42,4 erscheint die Infineon Aktie teuer. Das war nicht immer so: Einen besonders starken Anstieg des KGVs konnte man seit Ende März 2020, an dem sich das KGV bei 13,7 befand, feststellen. Seither hat sich der Wert des KGVs mehr als verdreifacht.

Das erwartete Gewinnwachstum von über 60 Prozent ist hier kein Trostpflaster, denn das erwartete Ergebniswachstum wird größtenteils auf Erholungseffekte zurückzuführen sein.

Auch der Blick auf die fundamentalen Kennzahlen offenbart mit einem Free Cashflow von 676 Millionen Euro (TTM) eine mögliche Überbewertung, denn in Relation zum Enterprise Value würde dieser zu einem Multiplikator von 53,4 führen.

KGV aktuell der Infineon Aktie - Chart

 

 

Infineon Aktie - Fazit

Grundsätzlich befindet sich Infineon in einem interessanten Zukunftsmarkt, denn das Automobil wird technologisch hochgerüstet.

Zukünftig werden Autos wahrscheinlich mehr ein Computer sein als ein klassisches Automobil. Mit seiner führenden Marktposition könnte Infineon hier langfristig von dem Potenzial des Marktes profitieren.

Der Automobilsektor ist als Investitionsgütermarkt aber sehr zyklisch. Der Aufstieg in die Top 10 der größten Halbleiterhersteller der Welt bringt daher auch ein besonderes Chancen-Risiko-Verhältnis mit sich.

Besonders in Aufschwungphasen könnte die Infineon Aktie deutlich stärker profitieren als nicht zyklische Werte, dafür aber in konjunkturell schwachen Phasen deutlich stärker leiden.

Grundsätzlich ist es daher gut, eine solide Finanzbasis zu haben. Die milliardenschwere Übernahme von Cypress wurde aus einem Mix von Eigenkapital- und Fremdfinanzierung gestemmt, der Großteil des Kaufpreises hat jedoch einen Fremdkapitalcharakter.

Und auch die Goodwill-Position könnte bei einer wirtschaftlichen Abschwächung ein Abschreibungsrisiko darstellen. Glücklicherweise verfügt das Geschäft von Infineon über einen starken Cashflow sowie relativ hohe Margen, die für eine gewisse Stabilität sorgen können.

Zusammengefasst bleibt die Aktie von Infineon ein interessantes Investment, jedoch ist die Aktie mit einem Ergebnismultiplikator von über 40 sehr teuer. Interessant dabei ist, dass die Aktie erst vor wenigen Monaten zu einem deutlich günstigeren Multiplikator gehandelt wurde. Für einen zyklischen Wert wie der Infineon Aktie könnte es daher ratsam sein, vor einem Einstieg wieder ein ähnliches Niveau abzuwarten.

 

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Der Autor und/oder mit dem aktien.guide verbundene Personen oder Unternehmen besitzen oder können Anteile von Infineon besitzen. Dieser Beitrag stellt eine Meinungsäußerung und keine Anlageberatung dar. Bitte beachte die rechtlichen Hinweise.

 

Frank Seehawer

Autor: Frank Seehawer

Frank Seehawer ist mehrere Jahre als Investor Relations Manager und Wertpapieranalyst tätig gewesen. Als graduierter Ökonom beschäftigt er sich schon seit über 20 Jahren mit den Aktienmärkten im In- und Ausland. Sein Fachwissen über Aktien teilt er als freier Autor unter anderem mit den Lesern der deutschen Ausgabe von Motley Fool.