Für die von Investoren lange Zeit gemiedene Aktie scheint sich jedoch jetzt ein neues Fenster zu eröffnen. Die im Jahr 2018 initiierte Übernahme von Red Hat scheint tatsächlich Früchte zu tragen, welche die lange Serie an Umsatzrückgängen nun endgültig zu durchbrechen vermag. Zweistellige Zuwächse beim Ergebnis je Aktie stehen in Aussicht. Ob die Aktie, die in der Dividenden-Strategie einen hohen Score von 13 Punkten erreicht, damit ein Kauf sein kann, das möchten wir mit nachfolgenden Analyse genauer prüfen.
Das im Jahr 1911 gegründete Unternehmen IBM gilt als Urgestein des Technologiesektors. Seit mehr als 100 Jahren kämpft Big Blue, wie der Großkonzern auch häufig bezeichnet wird, an der vordersten Front. Technologie ist ein spannendes Geschäft mit hohen Ertragsperspektiven, es unterliegt jedoch – aufgrund des schnellen technologischen Wandels – einer besonderen Dynamik. Diese konnte IBM in der Vergangenheit häufig für sich nutzen und stieg zeitweise zum profitabelsten Unternehmen der Welt auf. Lange Zeit war es sogar eines der größten Technologiekonzerne der Welt.
Das Bild hat sich seit einigen Jahren komplett geändert. Die Marktkapitalisierung ist mit aktuell 132 Milliarden US-Dollar zwar noch hoch, jedoch zogen viele andere Technologiekonzerne wie Google, Amazon, Apple oder Facebook weit an den New Yorkern vorbei. Aus IBM wurde hingegen ein Sanierungsfall, der zuletzt deutlich mit Umsatzrückgängen zu kämpfen hatte. Das klassische IBM-Geschäftsmodell mit IT-Beratungen und branchenspezifischen Lösungen und Dienstleistungen sowie mit Software- und Hardwareprodukten benötigte im Cloud-Zeitalter ein tieferes Update.
Die 34 Milliarden Dollar schwere Übernahme des Softwareherstellers Red Hat im Jahr 2018 war ein wichtiger Schritt in diese Richtung. Das Unternehmen entwickelt Open-Source Lösungen für Netzwerkinfrastrukturen. Dabei stehen Lösungen für das Cloud Computing im Fokus. Die damals vom Handelsblatt als riskantes Manöver interpretierte Übernahme scheint sich nun, gut drei Jahre später, auszuzahlen.
Die lange Serie an Umsatzrückgängen scheint gebrochen zu sein. Im ersten Quartal 2021 wurde ein Umsatzanstieg von einem Prozent auf 17,7 Milliarden US-Dollar ausgewiesen. Haupttreiber war hier das gesamte Cloud-Geschäft, welches um 21 Prozent auf 6,5 Milliarden US-Dollar zulegte. Auch die Red Hat Umsätze trugen zum Wachstum bei. Sie erhöhten sich um 17 Prozent. Der Trend könnte dabei nachhaltig sein und IBM auf einen langfristigen Wachstumskurs zurückführen. Unterstützend wirken könnte hier auch das vielversprechende konzerneigene Know-How im Bereich der künstlichen Intelligenz, Datenanalyse, Quantencomputing, Security, Internet der Dinge sowie im Bereich der Blockchain-Technologie.
Wichtig in diesem Zusammenhang ist die geplante Abspaltung einer seiner umsatzstärksten Sparten zum Ende des laufenden Jahres. Geplant ist, das IT-Infrastruktur-Geschäft abzutrennen und unter dem durchaus gewöhnungsbedürftigen Namen Kyndryl selbständig an der Börse zu listen. Damit würde sich der IT-Riese von seinen wachstumsschwachen Bereichen trennen und sich mehr auf das boomende Cloud-Geschäft konzentrieren.
Für das Gesamtjahr 2021 bleibt der Vorstand zuversichtlich, ein Umsatzwachstum ausweisen zu können. Der bereinigte Free Cash Flow sollte dabei einen Wert zwischen 11 und 12 Milliarden US-Dollar erreichen. Zum Vergleich: Im Geschäftsjahr 2020 wurde hier noch ein Wert von 10,8 Milliarden US-Dollar erreicht.
Ähnlich positiv sehen auch Analysten die Situation. Von ihnen wird das Ergebnis je Aktie für 2021 auf 8,44 US-Dollar geschätzt. Im Vergleich zu dem für das Geschäftsjahr 2020 ausgewiesene Ergebnis je Aktie von 6,28 US-Dollar würde dieser Wert zu einem Ergebniswachstum von 34,4 Prozent führen. Der hohe Wert aus dem Jahr 2019 von 10,63 US-Dollar würde aber noch nicht wieder erreicht. Analysten schätzen jedoch für das Folgejahr 2022 ein Ergebnis je Aktie von 9,86 US-Dollar, was schon deutlich näher an die alten Werte heranreicht. Das erwartete Ergebniswachstum beläuft sich damit auf 16,8 Prozent. Sollen die Analysten Recht behalten, so könnten sich die Aktionäre in den nächsten Jahre über zweistellige Zuwächse freuen.
In der Dividenden Analyse erreicht die IBM Aktie einen Gesamtscore von 13 Punkten, was schon sehr nah an die mögliche Höchstpunktzahl von 15 Punkten herankommt. Die einzigen Punktabzüge gab es für die aktuelle Dividendenrendite von 4,3 Prozent. Hier gibt es erst ab einem Wert von mehr als fünf Prozent die Höchstpunktzahl von drei Punkten. Einen weiteren Abzug gab es für das Dividendenwachstum der letzten fünf Jahre. Die IBM Aktie erreichte hier einen Wert von 5,4 Prozent. Ab einem Wert von mehr als zehn Prozent hätte es die Höchstpunktzahl von drei Punkten gegeben.
Festzuhalten bleibt damit, dass die IBM Aktie ein durchaus verlässlicher Dividendenzahler mit einer hohen Ausschüttung und einer guten Rendite ist. Auch das Dividendenwachstum ist nicht niedrig, wobei es andere Unternehmen gibt, die deutlich schneller ihre Dividende erhöhen. Dafür werden diese Aktien wahrscheinlich nicht eine so hohe Dividendenrendite besitzen wie die IBM.
Unsicherheit entsteht durch die geplante Abspaltung, denn es ist nicht eindeutig erkennbar, welche Dividende welcher Bereich künftig zahlen wird. Denkbar wäre, dass der wachstumsstarke Cloud-Bereich weniger Dividenden zahlt und die neue Kyndryl ähnlich hohe Dividenden bietet wie die alte IBM. Genauere Informationen sollte es spätestens mit der Listung des Geschäftsbereichs geben.
Die Bewertung der IBM Aktie kann mit einem erwarteten Kurs-Gewinn-Verhältnis von 17,9 bei einem nahezu Nullwachstum vielleicht schon als teuer ausgelegt werden. Gemessen an dem Free Cashflow der letzten zwölf Monate von 16,2 Milliarden US-Dollar ist die IBM Aktie jedoch noch als günstig zu interpretieren. Bei einem Enterprise Value von 185 Milliarden US-Dollar errechnet sich so nämlich ein attraktiver Free-Cashflow-Multiplikator von nur 11,5. Rechnet man mit dem vom Management prognostizierten Wert von 11 bis 12 Milliarden, so kommt man im Ideal auf einen Wert von rund 15, was immer noch fair sein kann.
Die IBM Aktie ist eine klassische Value-Aktie des Technologiesektors. Mit Sicherheit gibt es spannendere Aktien mit einem höheren Wachstum aus dem Technologiebereich, jedoch besitzen diese häufig auch ein deutlich höheres Bewertungsniveau.
Besonders die starken Cashflows von Big Blue überzeugen. Sie ermöglichen nicht nur die kontinuierlich hohen Dividendenzahlungen, sondern wurden in der Vergangenheit – mal abgesehen von dem Jahr 2020 – auch für Aktienrückkäufe eingesetzt.
Sollte sich mittelfristig die Umsatzbasis nicht nur stabilisieren, sondern auch in ein leichtes Umsatzwachstum umschlagen, so könnte der Turnaround gelungen sein. Die Aktie könnte dann weiteres Potenzial besitzen. Voraussetzung ist natürlich, dass die Profitabilität sowie auch der Free Cashflow hoch bleibt und beide langfristig wachsen. Auch sollte man die hohe Verschuldung von IBM im Blick behalten. Im ersten Quartal 2021 standen immer noch über 51 Milliarden US-Dollar in den Büchern.
Einen strukturellen Bruch wird es derweil mit der Abspaltung von Kyndryl geben, der auch die Dividende betreffen könnte. Der wachstumsstärke Bereich könnte dabei weniger dividendenfreundlich sein, während das alte Infrastruktur-Geschäft mit Kyndryl aus Sicht der Dividende in die Fußstapfen der alten IBM treten könnte.
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Der Autor und/oder mit dem aktien.guide verbundene Personen oder Unternehmen besitzen oder können Anteile von IBM besitzen. Dieser Beitrag stellt eine Meinungsäußerung und keine Anlageberatung dar. Bitte beachte die rechtlichen Hinweise.