Allerdings hat die wirtschaftliche Flaute in den USA, die durch das steigende Zinsniveau ausgelöst wurde, ihre Spuren hinterlassen und das Geschäft von Capital One beeinflusst. Dies führte zu hohen Rückstellungen für Kreditausfälle. Dennoch ist die Bewertung der Aktie attraktiv. Langfristig könnte eine Erholung anstehen. Sogar der legendäre Investor Warren Buffett setzt auf die Aktie.
Quelle: Capital One Financial Aktienchart
Bei einer sanften Landung der US-Wirtschaft könnten die Aussichten für eine Erholungsrallye vielversprechend sein – möglicherweise ein Hintergedanke des US-Value-Investors Buffet. In diesem Zusammenhang könnte es lohnend sein, sich die Aktie einmal genauer zu betrachten. Genau das wollen wir mit der heutigen Capital One Financial-Aktienanalyse tun.
Sein Geschäftsmodell klassifiziert Capital One in die Bereiche Credit Card, Consumer Banking, Commercial Banking und Other. Das mit Abstand größte Segment ist demnach das Kreditkartengeschäft, welches für 65 Prozent der gesamten Umsätze im Geschäftsjahr 2022 steht. Auf Platz zwei folgt das Geschäft mit Privatkunden, das für 28 Prozent der Umsätze verantwortlich ist. Platz drei nimmt das Geschäftskundensegment mit einem Anteil von 10 Prozent ein.
Quelle: Capital One Form 10K 2022
Capital One ist ein führender Anbieter von Kreditkarten in den USA und bietet verschiedene Kartenprodukte für Verbraucher und Unternehmen an. Diese Karten umfassen Cashback-Karten, Prämienkarten und Reisekarten. Das Unternehmen verdient durch Zinsen auf ausstehende Salden, Gebühren von Karteninhabern und Händlern sowie Transaktionsgebühren.
In diesem Segment bietet Capital One Privatpersonen eine Vielzahl von Finanzprodukten wie Sparkonten, Girokonten, Hypotheken, Autokredite und persönliche Kredite an. Einnahmen werden durch Zinsen auf Einlagen, Kreditvergabe und Kreditzinsen von Privatkunden erzielt.
Im Bereich Commercial Banking bedient Capital One Unternehmen mit Finanzprodukten wie beispielsweise Krediten, Kreditlinien, Cash-Management, Zahlungsabwicklung und Treasury-Services. Das Unternehmen verdient in diesem Bereich Geld durch Zinsen auf gewährte Kredite und Gebühren für Dienstleistungen, die sie Unternehmen zur Verfügung stellen.
Dieses Geschäftsfeld umfasst verschiedene Aktivitäten, die nicht direkt den oben genannten Hauptgeschäftsfeldern zugeordnet sind. Hierzu könnten strategische Investitionen, Beteiligungen an anderen Unternehmen, technologische Innovationen und andere Geschäftsinitiativen gehören.
Geographisch lässt sich Capital One als nahezu reiner US-Player identifizieren. Rund 96 Prozent der Umsätze werden im Heimatland USA generiert. Ähnlich sieht es beim Kreditkarten-Portfolio aus, welches national relativ gut diversifiziert erscheint.
Quelle: Capital One Form 10K 2022
Capital One ist somit eine breit aufgestellte Bank, die verschiedene Finanzprodukte und Dienstleistungen für Privatpersonen und Unternehmen anbietet, darunter Kreditkarten, Einlagenkonten, Autokredite und Geschäftskredite. Im Gegensatz dazu konzentriert sich der Konkurrent American Express hauptsächlich auf Premium-Kreditkarten und bietet auch Finanzdienstleistungen für wohlhabende Kunden an, einschließlich Reisen und Unternehmenszahlungen.
Mastercard und Visa sind hingegen keine Banken, sondern globale Zahlungssysteme. Sie erleichtern Transaktionen zwischen Händlern und Finanzinstituten und ermöglichen es Unternehmen und Banken, Kreditkarten und Debitkarten unter ihren Marken auszugeben. Diese Unternehmen verdienen Geld durch Transaktionsgebühren, die von Händlern gezahlt werden, wenn Kunden ihre Karten verwenden.
Ein Unterschied besteht darin, dass Capital One und American Express direkt Einlagen von Kunden annehmen, während Mastercard und Visa dies nicht tun. Capital One und American Express bieten auch Kredite und andere traditionelle Bankdienstleistungen an, während Mastercard und Visa sich auf die Bereitstellung von Zahlungsinfrastruktur und -technologie konzentrieren.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Capital One und American Express eher als traditionelle Finanzinstitute agieren, während Mastercard und Visa als Zahlungsdienstleister und Technologieunternehmen fungieren, die die Abwicklung von Transaktionen erleichtern.
Quelle: Capital One Quarterly Earnings Report Q2/2023
Die letzten Capital One Financial Quartalszahlen vom 30. Juni 2023 zeigen ein eher gemischtes Bild. Der Umsatz konnte hier um ein Prozent auf 9 Milliarden US-Dollar ansteigen. Das Nettoergebnis explodierte dabei um 49 Prozent auf 1,4 Milliarden US-Dollar. Anders sieht das Bild für das erste Halbjahr 2023 aus: Hier konnte der Umsatz um 9 Prozent auf knapp 18 Milliarden US-Dollar zulegen, während das Nettoergebnis um 46 Prozent auf 2,4 Milliarden US-Dollar einbrach.
Der Grund für den starken Gewinnrückgang ist auf erhöhte Rückstellungen zurückzuführen. Mit ihnen sorgt die Kreditkartenbank drohenden Kreditausfällen vor. Besonders erfreulich war dabei, dass im zweiten Quartal die Rückstellungen sich nur auf knapp zweieinhalb Milliarden US-Dollar beliefen was einem im Vergleich zum Vorquartal einer leichten Senkung von 11 Prozent entsprach. Im Vergleich zum Vorjahresquartal ist der Wert allerdings um 129 Prozent höher.
Auch die Halbjahreszahlen verdeutlichen den Einfluss der Rückstellungen für Kreditausfälle. Sie beliefen sich auf über 5 Milliarden US-Dollar nach 1,8 Milliarden US-Dollar im Vorjahreszeitraum.
Bei der Prognose für das Gesamtjahr 2023 bleibt das Management verschlossen. Ein Blick in die Analystenmeinungen verrät allerdings, dass mit einem Umsatzrückgang von 4,7 Prozent auf 36,4 Milliarden US-Dollar gerechnet wird. Der Wert wäre somit deutlich schwächer als die zuletzt abgelieferten Quartalszahlen suggerierten.
Quelle: Umsatz- und Margenprognose Capital One 2023
Auch die Nettomarge soll mit 12,23 Prozent schlechter ausfallen als im Vorjahr. Sie wäre zudem auch noch etwas schlechter als die Marge des ersten Halbjahres von 13,3 Prozent. Im zweiten Quartal 2023 bewegte sie sich auf knapp 15 Prozent. In Summe zeigt sich damit, dass die Analysten tendenziell eine schärfere Rezession erwarten und Capital One hiervon deutlich getroffen wird. In Teilen trifft dies auch zu, jedoch zeigte das zweite Quartal 2023, das besser als erwartet ausfiel, dass sich das Unternehmen bzw. die US-Wirtschaft robust zeigt.
Wichtige Kennzahlen aus der Levermann-Analyse sind aus fundamentaler Sicht mit der Eigenkapitalquote des letzten Jahres von 11,6 Prozent sowie dem erwarteten Gewinnwachstum von 15,4 Prozent zu nennen. Dieses bezieht sich allerdings auf das kommende Geschäftsjahr, denn im laufenden Jahr 2023 gehen Analysten von einem Gewinnrückgang auf einen Wert von 11,68 US-Dollar aus. Bei der Gewinnsteigerung dürfte es sich somit auch um Erholungsprozesse handeln.
Quelle: Capital One Levermann-Analyse
Aus technischer Sicht überzeugt die Capital One-Aktie mit einem steigenden Kursmomentum. Auch an der Kursentwicklung der Aktie kann man dies ablesen. Sie stieg in den letzten sechs Monaten um 14,35 Prozent. Dabei ist die Aktie weiterhin extrem günstig. Das durchschnittliche KGV der letzten drei Jahre sowie der erwarteten zwei Jahre beläuft sich oft gerade einmal 6,5. Das erwartete KGV kommt auf einen Wert auf 8,4, was ebenfalls als günstig eingestuft werden kann. Für beide Werte gab es in der Levermann-Analyse einen entsprechenden Punkt.
Mit einer Gesamtpunktzahl von sechs Punkten nimmt die Aktie aktuell einen Platz auf der Topscorerliste der Levermann-Strategie ein.
Die Bewertung der Capital One Aktie ist mit einem erwarteten KGV von 8,4 als günstig einzustufen. Ebenfalls überzeugend sieht der Free Cashflow Multiplikator aus. Beläuft sich – gemessen am Enterprise Value – auf gerade mal 5,2, was noch einmal deutlich weniger ist, als der Wert des KGVs.
Quelle: Capital One Kennzahlen
Allerdings sollte man bei dem zyklischen Finanzwert auf die Sensibilität im Falle einer Rezession achten. Sie sorgt letztendlich dafür, dass Rückstellungen auf das Kreditportfolio steigen und den Gewinn belasten.
Die aktuelle Dividendenrendite fällt mit 2,4 Prozent solide aus, ist jedoch nicht besonders hoch. Auch die Dividendenhistorie zeichnet sich nicht gerade durch eine gewisse Kontinuität aus. Es gab regelmäßig Dividendenkürzungen und flache Dividenden. Gemäß Analystenprognosen soll sie aber weiter steigen. Potenzial hierfür wäre vorhanden, denn die Ausschüttungsquote befindet sich mit knapp 12 Prozent auf einem sehr niedrigen Niveau. Auch die Eigenkapitalquote des Unternehmens überzeugt für einen Finanzwert.
Quelle: Langfristige Dividendenentwicklung der Capital One-Aktie
Wenig verwunderlich ist daher, dass die Capital One-Aktie in der Dividendenanalyse gerade einmal 4 von 15 möglichen Punkten erreicht.
Die Aktie von Capital One Financial ist vielleicht nicht jedem auf dem Finanzmarkt bekannt. Auf dem amerikanischen Kreditkartenmarkt spielt das Unternehmen jedoch eine wichtige Rolle. Auch wenn der Abstand zum Konkurrenten American Express groß ist und es Unterschiede in der Qualität der Kreditkarteninhaber geben mag, gelten für beide Unternehmen die gleichen Spielregeln. Und hier zeigt sich, dass die Verfassung der amerikanischen Wirtschaft ein zentrales Element ist. Schwächelt die US-Wirtschaft, leiden auch die Kreditkartenanbieter. Umgekehrt profitieren sie von einem starken Wirtschaftswachstum aufgrund steigender Konsumausgaben, die gerne über Kreditkarten abgewickelt werden.
Anleger sollten hellhörig werden, wenn die Value-Ikone Warren Buffett eine Position des Kreditkartenanbieters kauf. Dabei gehört der Konkurrent American Express bereits zu den fünf größten Aktien in seinem Portfolio. Was genau hinter der Transaktion steckt, bleibt vielen Anlegern verborgen. Die günstige Bewertung und seine Einschätzung zur Lage der US-Wirtschaft könnten jedoch den Ausschlag gegeben haben. Allerdings sollte man sich nicht zu sehr an die Transaktionen des mittlerweile 93-Jährigen klammern.
Wie in dem Artikel herausgearbeitet wurde, handelt es sich um einen Finanzakteur, der tief in der amerikanischen Wirtschaft verwurzelt ist. Die Positionierung ist gut, die Margen sind hoch und das Wachstum ist solide. In diesem Zusammenhang ist die Bewertung vielleicht eines der wichtigsten Argumente für die Aktie. Sie preist aber auch mögliche Risiken ein, wie das Szenario einer harten Landung der US-Wirtschaft oder einer kleinen Finanzkrise. Ein Kauf der Aktie von Capital One Financial könnte, einfach ausgedrückt, eine Wette auf eine Erholung der US-Wirtschaft sein, von der viele Marktteilnehmer nicht ausgehen.
Quelle: Capital One Kursziel
Die Analysten sind derweil geteilter Meinung über die Aktie: Weniger als die Hälfte (42 Prozent) ist unentschlossen, während ebenso viele Analysten die Aktie als Halteposition sehen. 17 Prozent der Analysten raten zum Verkauf. Das durchschnittliche Kursziel liegt bei 116,28 US-Dollar und damit 18,3 Prozent über dem aktuellen Kurs, was ebenfalls als moderat zu bezeichnen ist. Anleger sollten also eine längerfristige Perspektive besitzen oder von einer starken Erholung der US-Wirtschaft überzeugt sein.
Je nach persönlicher Einstellung könnte sich hier ein Alarm lohnen, um einen möglicherweise besseren Einstieg zu finden. Ein Kurs von 85 US-Dollar markiert hier die Tiefststände der letzten Monate und könnte ein erster Ansatz sein.
Wenn Du wöchentlich neue Investmentideen und kostenlose Aktienanalysen, die nach der Levermann-, High-Growth-Investing- oder Dividenden-Strategie ausgewählt wurden, per E-Mail bekommen möchtest, dann kannst Du jetzt unseren kostenlosen aktien.guide Newsletter abonnieren.
Der Autor und/oder mit dem aktien.guide verbundene Personen oder Unternehmen besitzen oder können Anteile von Capital One besitzen. Dieser Beitrag stellt eine Meinungsäußerung und keine Anlageberatung dar. Bitte beachte die rechtlichen Hinweise.