Der Markt zeichnet sich durch eine hohe Konzentration auf wenige Anbieter aus. Gleichzeitig führen öffentliche Werbe- und Rauchverbote seit Jahren zu Absatzrückgängen. Trotz rückläufiger Zigarettenvolumina schaffen es die etablierten Hersteller aber, über Preiserhöhungen ihre Umsätze weiter zu steigern.
Mit der British American Tobacco Aktie (ISIN: GB0002875804; BAT) wollen wir heute den zweitgrößten Tabakkonzern der Welt vorstellen. Das britische Unternehmen zeichnet sich durch eine hohe Profitabilität bei einem starken Cashflow aus. Auch mit einer hohen Dividende und günstiger Bewertung lockt die Tabak-Aktie Investoren.
Seit vielen Wochen ist die BAT-Aktie ein Topscorer gemäß der Levermann Strategie. Ob diese Argumente für eine Kaufentscheidung ausreichen, möchten wir im Folgenden überprüfen.
British American Tobacco ist mit einer Marktkapitalisierung von aktuell 81 Milliarden Euro hinter Philip Morris der zweitgrößte Tabakkonzern der Welt.
Zum Produktportfolio gehören Zigaretten und potenziell risikoreduzierte Produkte. Zu der letzteren Gruppe gehören Beispielsweise Tobacco Heating Products (THP), inhalierende Produkte (Vapor) oder Kautabak.
Weltbekannte Tabak-Brands wie Camel, Newport, Pall Mall oder Lucky Strike gehören zu den Konzernmarken.
Das Geschäftsjahr 2019 schloss der britische Tabakkonzern mit einem Umsatzwachstum von 5,7 Prozent auf 25,9 Milliarden britische Pfund ab. Non-GAAP, also auf bereinigter Basis, wurde ein Wachstum von 5,6 Prozent realisiert. Das bereinigte operative Ergebnis belief sich auf 11,1 Milliarden britische Pfund und konnte mit 6,6 Prozent ähnlich stark zulegen.
Zum Geschäftsjahresende 2019 existierten auf bereinigter Basis Nettoschulden in Höhe von 41,7 Milliarden britische Pfund. Der Verschuldungsgrad, gemessen am bereinigten Net Debt/EBITDA-Verhältnis, belief sich zuletzt auf einen Faktor von 3,5. Verglichen mit dem Wert des Vorjahres von 4,0 konnte der Verschuldungsfaktor um einen Faktor von 0,5 gesenkt werden.
Ursächlich für diesen hohen Schuldenberg war die im Jahr 2017 getätigte Komplettübernahme des US-Tabakkonzerns Reynolds Tobacco. Die Briten zahlten für den restlichen 57,8-Prozent-Anteil an dem Menthol-Zigarettenhersteller umgerechnet 47,3 Milliarden Euro.
Für das Geschäftsjahr 2020 erwartet der Vorstand ein moderates Umsatzwachstum auf währungsbereinigter Ebene von 3 bis 5 Prozent. Für seine Wachstumstreiber der Kategorie potenziell risikoreduzierter Produkte erwartet das Management einen Umsatz von fünf Milliarden britische Pfund bis zum Geschäftsjahr 2023/24. Im Geschäftsjahr 2019 lag der Umsatz der sogenannten New Categories bei gerade einmal 1,3 Milliarden britische Pfund. Das Wachstum lag hier mit 37 Prozent aber deutlich über dem des Kerngeschäfts, den brennbaren Zigaretten (Combustibles), welche mit einem Umsatzwachstum von 4,2 Prozent auf 23 Milliarden britische Pfund sich ebenfalls gut entwickeln.
Organisch wurde bei den Combustibles – so bezeichnet BAT sein klassisches Geschäft mit brennbaren Zigaretten – aber ein Volumenrückgang von 4,8 Prozent realisiert. Starke Preiserhöhungen, die aufgrund der hohen Abhängigkeit der Konsumenten durchgesetzt werden konnten, sorgten am Ende für das Umsatzwachstum.
Aktuell sieht das Management nur begrenzte Auswirkungen des Coronavirus auf die Geschäfte des Tabakkonzerns. Die Menschen verzichten auch in einer häuslichen Quarantäne nicht auf ihren Zigarettenkonsum. Dennoch wurde das Management zuletzt etwas pessimistischer. Man geht jetzt nur noch von einem währungsbereinigten Umsatzwachstum am unteren Ende der Spanne von 3 bis 5 Prozent aus.
Starke Kennzahlen der British American Tobacco Group sind die EBIT-Marge sowie die Eigenkapitalquote. Die EBIT-Marge setzt das operative Ergebnis ins Verhältnis zum Umsatz. Aktuell beläuft sich der Kennzahlenwert auf 41,4 Prozent – aus Investorensicht ein sehr attraktiver Wert.
Die Eigenkapitalquote beläuft sich aktuell auf 45,5 Prozent und befindet sich ebenfalls auf einem hohen Niveau. Für eine Platzierung auf der Bestenliste der Aktien mit einer hohen Eigenkapitalquote aus der Levermann-Strategie hat es allerdings nicht ganz gereicht. Positiv ist aber, dass über die letzten zwei Jahre der Wert der Eigenkapitalquote gesteigert werden konnte.
Wirft man einen genaueren Blick auf die Bilanz des Jahres 2019, so fallen hier besonders die immateriellen Vermögenswerte in Höhe von 118,8 Milliarden britische Pfund auf, die sich durch die Übernahme der Reynolds-Anteile aufgebaut haben.
Gemessen an der Bilanzsumme von 141 Milliarden britische Pfund beläuft sich der Anteil der immateriellen Vermögenswerte auf 84,3 Prozent. Sollte sich an der Ertragssituation des Tabakkonzerns etwas maßgeblich ändern, so könnten mögliche Abschreibungen auf immaterielle Vermögenswerte schnell auf die Ertragsrechnung durchschlagen. Bisher gibt es hierfür aber keine Anzeichen, auch wenn das Zigarrettenvolumen weiter rückläufig ist.
Ein weiteres Highlight der Aktie ist die Dividende. British American Tobacco setzt seine hohen Cashflows massiv für Dividendenzahlungen ein. Bereits am 27. Februar 2020 verkündete der Zigarettenhersteller eine weitere Steigerung seiner Dividende um 3,6 Prozent auf 210,4 Pence. Dieser Wert wird an vier Terminen über das Jahr verteilt ausgezahlt. Es ist die 19. stetige Dividendenerhöhung. Die aktuelle Dividendenrendite beläuft sich bei einem Aktienkurs von 3.142,50 britische Pfund auf 6,7 Prozent.
Bei der Bewertung fällt ein relativ günstiges Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von aktuell 9,3 auf. Die Aktie ist besonders attraktiv, wenn man das erwartete Gewinnwachstum von aktuell 6,5 Prozent miteinbezieht.
Problematisch könnte neben den immateriellen Vermögenswerten in der Bilanz die hohe Verschuldung sein, denn British American Tobacco bilanzierte zuletzt eine Nettoverschuldung von knapp 42 Milliarden britische Pfund.
Basierend auf der aktuellen Marktkapitalisierung von 71,8 Milliarden britische Pfund errechnet sich ein Enterprise Value von knapp 113 Milliarden britische Pfund. Gemessen an dem Free Cashflow von rund 8,4 Milliarden britische Pfund, beläuft sich der entsprechende Faktor auf 13,5. Dieser Wert ist etwas höher als das aktuelle KGV, aber dennoch als attraktiv zu werten. Das EV/EBITDA-Verhältnis befindet sich mit 9,5 ebenfalls auf einem attraktiven Niveau.
Auch wenn sich die Auswirkungen der Corona-Krise für Tabakkonzerne in Grenzen halten, so liegt ihr eigentliches Problem im Kerngeschäft, dem Verkauf von brennbaren Zigaretten. Hier spüren alle Hersteller einen massiven Druck der Öffentlichkeit auf den Tabakkonsum.
Werbeverbote sowie immer strengere Regularien rund um das Rauchen erschweren das Geschäft mit dem blauen Dunst. Dies merkt man besonders am Absatzverlust, der seit Jahren kein Ende zu finden scheint. Mit massiven Preissteigerungen kann aus einem organischen Absatzrückgang aber dennoch ein deutlicher Umsatzzuwachs herausgeholt werden.
Hier spielen Zigarettenhersteller ihre eigentliche Stärke aus: die Abhängigkeit der Raucher von nikotinhaltigen Produkten. Und diese Abhängigkeit ist es auch, was Investoren so fasziniert. In Kombination mit der hohen Dividendenrendite und der günstigen Bewertung könnten Zigarettenhersteller so ein attraktives Kriseninvestment darstellen.
Die zuletzt aufgekeimte Hoffnung rauchfreier Alternativen versprüht – trotz des starken Wachstums – nur bedingt Hoffnung. Man merkt immer mehr, dass auch die vaporisierenden Produkte kritisch von der Öffentlichkeit beurteilt werden und keine wirkliche Alternative darstellen. Dies konnte man besonders am Niedergang des E-Zigarettenherstellers Juul erkennen, der durch den Einstieg von Altria zu einer 38 Milliarden US-Dollar Bewertung eine starke Aufmerksamkeit bekam. Mit fragwürdiger Influencer-Werbung bei Teenagern stieg das Start-Up innerhalb kürzester Zeit zum Marktführer in den USA auf – solange bis die FDA ein Verbot aussprach.
Am Ende bleiben Tabakaktien nach wie vor risikobehaftete Investments, welche durch günstige Bewertungen und mit hohen Dividenden locken. Ob sich ein Investor diesen Risiken aussetzt, ist am Ende nicht nur eine ethische Frage.
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Der Autor und/oder mit dem aktien.guide verbundene Personen oder Unternehmen besitzen oder können Anteile von British American Tobacco besitzen. Dieser Beitrag stellt eine Meinungsäußerung und keine Anlageberatung dar. Bitte beachte die rechtlichen Hinweise.