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​Bayer-Aktie: Schnäppchen oder tickende Zeitbombe?

Geschrieben von Frank Seehawer | 17.12.2019
Der Chemie- und Pharmakonzern Bayer (ISIN: DE000BAY0017) ist durch die Übernahme des Saatgut-Spezialisten Monsanto aus dem Jahr 2016 zum Weltmarktführer in der Agrochemie aufgestiegen und strebt weiteres Wachstum an, auch wenn der Konzern mit Schadensersatzprozessen übersät wird.

Das Management rechnet für das Jahr 2022 mit einem bereinigten Gewinn je Aktie von rund 10 Euro je Aktie. Gemessen am aktuellen Kurs beläuft sich das erwartete KGV für das Jahr 2022 nur auf einen Wert von 6,9. Auch die Levermann-Analyse kommt mit einem hohen Punktescore zu einem Kaufurteil.

Warum die KGV-Kennziffer irreführend ist und ob die Bayer Aktie wirklich ein Kauf sein kann, das werden wir mit der folgenden Aktienanalyse darstellen.

Das Unternehmensprofil von Bayer

Die Wurzeln des deutschen Pharma- und Chemiekonzerns Bayer gehen bis ins Jahr 1863 zurück. Die Unternehmensgeschichte ist dabei stark von Phasen eines starken Wachstums sowie immer wieder auftretenden Umstrukturierungen, Umbrüchen und Neuorientierungen geprägt.

Die aktuelle Unternehmensstruktur basiert auf den drei großen Säulen Pharmaceuticals, Consumer Health und Crop Science. Zusätzlich beschäftigt sich noch mit Animal Health ein Geschäftsbereich mit dem Wachstumsmarkt der Tiergesundheit. Dieser Bereich wird in Zukunft nicht mehr zu Bayer gehören. Er wurde im August 2019 für 7,6 Milliarden US-Dollar an Elanco Animal Health in die USA verkauft.

Im Geschäftsjahr 2018 erzielte der Bayer-Konzern Umsatzerlöse in Höhe von 39,6 Milliarden Euro bei einem EBITDA von 10,3 Milliarden Euro. Auch wenn der Konzern damit zu den größten Unternehmen in Deutschland zählt, so ist das Wachstum durch die zahlreichen Übernahmen und Unternehmensverkäufe in den letzten Jahren relativ schwach geblieben. Bereits im Jahr 2000 belief sich der Umsatz auf knapp 31 Milliarden Euro.

Besonders prägend in der M&A-Historie des DAX-Unternehmens war die Übernahme des amerikanischen Pflanzenschutzmittel- und Saatgut-Herstellers Monsanto. Bayer ist hier zur Nummer eins auf dem Weltmarkt der Agrochemie aufgestiegen, zahlte jedoch einen zu hohen Preis.

Anfang 2016 legte Bayer ein offizielles Angebot zur Übernahme des US-Konzerns vor und besiegelte damit die teuerste Akquisition der Firmengeschichte – im Wert von 66 Milliarden US-Dollar.

Zum damaligen Zeitpunkt konnte noch niemand ahnen, welchen Fehlgriff Bayer mit der Monsanto-Übernahme getätigt hatte. Kurze Zeit später geriet nämlich eine Klagewelle rund um den Unkrautvernichter Glyphosat ins Rollen. Dieser steht in Verdacht, krebserregend zu sein.

Mittlerweile sind über 42.000 Klagen anhängig. Bereits drei Prozesse wurden in der ersten Instanz verloren. Wie diese Prozesse am Ende ausgehandelt werden, bleibt ein unkalkulierbares Risiko. Bisher wurden nur Rückstellungen für Prozessrisiken gebildet, nicht aber für Schadensersatzzahlungen.

Dabei ist Glyphosat nicht das einzige, mit Klagen übersäte Produkt im Bayer-Portfolio. Auch die Hormonspirale Mirena, der Gerinnungshemmer Xarelto, sowie das Medizinprodukt zur permanenten Verhütung ohne operativen Eingriff – Essure – verfügen über eine hohe Anzahl anhängiger Klagen.

Zwei Schritte vor, einer zurück – so kann man das Wachstum interpretieren

Auch wenn der Bayer-Konzern durch seine Übernahmen immer wieder große Sprünge nach vorne macht, so werden aufgrund von wettbewerbsrechtlichen Vorschriften sowie finanzielle Erfordernissen ständig Geschäftsbereichen und Unternehmensteile abgestoßen.

Ob die Monsanto-Übernahme das Unternehmen zu neuen Rekorden führen kann, bleibt erst noch abzuwarten. Der Vorstand ist zumindest zuversichtlich und rechnet beim Umsatz bis zum Jahr 2022 mit einem durchschnittlichen jährlichen Wachstum von 4 bis 5 %.

Der Konzernumsatz soll sich dann auf 52 Milliarden Euro bei einem EBITDA vor Sondereinflüssen von 16 Milliarden Euro belaufen und damit die bisherigen Rekordwerte einstellen. Geht es nach den Vorstellungen des Vorstandes, so soll sich das bereinigte Ergebnis je Aktie im Jahr 2022 auf rund 10 Euro belaufen. Sollte dies tatsächlich eintreten, so würde die Aktie aktuell mit einem erwarteten KGV von 6,9 gehandelt werden.

Die Q3-Zahlen 2019 und der Ausblick zeigen moderates Wachstum

Die Zahlen des dritten Quartals 2019 deuten zumindest darauf hin, dass diese Ziele erreicht werden könnten. Die Umsatzerlöse erhöhten sich im dritten Quartal währungs- und portfoliobereinigt um 5,4 %, das EBITDA vor Sondereffekten sogar um 7,5 %.

Für das Gesamtjahr 2019 wurde der Ausblick bestätigt. Erwartet wird hier ein Anstieg des währungs- und portfoliobereinigten Konzernumsatzes um etwa 4 % auf 43 Milliarden Euro. Das EBITDA vor Sondereinflüssen soll sich auf 11,6 Milliarden Euro belaufen bei einem bereinigten Ergebnis je Aktie von 6,45 Euro.

Aktienkursentwicklung von Bayer

Quelle: Wallstreet-Online.de; Aktienkurs im Xetra-Handel am 11.12.19 in Euro.

In der Levermann-Analyse des aktien.guide erreicht die Bayer-Aktie einen Score von 5 Punkten und erfüllt damit das Kaufkriterium der Levermann-Strategie.

Besonders stark ist die Aktie in den Bereichen der Kursentwicklung sowie der Bewertung. Insgesamt konnten hier drei Punkte gesammelt werden.

Zusätzlich gab es einen Punkt für die Reaktion auf die Veröffentlichung der letzten Quartalszahlen sowie für das zweistellige Gewinnwachstum von 14 %. Weitere Aktien der Levermann Strategie mit einem hohen Gewinnwachstum findest du hier: Aktien mit hohem Gewinnwachstum.

Auch für die Eigenkapitalquote von 35 % gab es einen Punkt. Jedoch wurde für die geringe Eigenkapitalrendite von 4 % ein Punktabzug gegeben.

Bayer könnte interessant für Finanzinvestoren sein

Auch könnte die Bayer-Aktie ein Ziel von Finanzinvestoren werden, denn die zwei Sparten Pharmaceuticals sowie Consumer Health benötigen mehr Größe, um am Weltmarkt in Zukunft eine bedeutende Rolle zu spielen – das drückt auf die Kapitalverzinsung des Konzerns.

Finanzinvestoren könnten genau hier den Finger in die Wunde legen und auf eine Abspaltung der kleineren Divisionen drängen. Was ein Eintritt einer Heuschrecke für die bisherigen Aktionäre bedeuten würde, lässt sich vorab schwer einschätzen. Gleiches gilt für die ständigen Umstrukturierungen im Konzerns.

Selbst wenn sich die Prozessrisiken als überschaubar entwickeln und die Aktie mit einer führenden Position im Saatgut- und Pflanzenschutzmittelmarkt von einer möglichen Nahrungsmittelknappheit profitieren sollte, so bewegt sich das Wachstum auf Konzernebene für die nächsten Jahre in einem überschaubaren Rahmen. Für ein überzeugendes Kaufargument wäre bei der Hintergrundgeschichte allerdings mehr erforderlich.

Analyse der Bayer Aktie – Fazit

Ein erwartetes KGV für das Jahr 2022 von 6,9 klingt wirklich verlockend. Allerdings ist diese Kennzahl nur eine statische Variante, um die Bewertung in einem Maßstab zu setzen. Sie erfasst nicht die Verschuldung eines Unternehmens – und gerade diese ist bei Bayer durch die Übernahme von Monsanto in die Höhe geschossen.

Auf knapp 38 Milliarden Euro belief sich die Nettofinanzverschuldung zum Ende des dritten Quartals. Diese wirkt wie ein Betonklotz in der Bayer-Bilanz, die den Enterprise Value in die Höhe treibt und damit die Bewertung relativiert.

Zuzüglich der Börsenkapitalisierung von rund 68 Milliarden Euro errechnet sich ein Enterprise Value von 106 Milliarden Euro.

Das EV/EBITDA-Verhältnis beträgt damit rund 9 – gemessen am erwarteten EBITDA vor Sondereinflüssen von 11,6 Milliarden Euro für 2019. Damit ist die Aktie nicht mehr günstig, besonders wenn man die Prozessriken berücksichtigt. Die Finanzlage könnte sich durch diese deutlich verschlechtern.

 

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Der Autor und/oder mit dem aktien.guide verbundene Personen oder Unternehmen besitzen oder können Anteile von Bayer besitzen. Dieser Beitrag stellt eine Meinungsäußerung und keine Anlageberatung dar. Bitte beachte die rechtlichen Hinweise.