Mit Vonovia, LEG Immobilien sowie die Deutsche Wohnen hatten wir bereits in der Vergangenheit drei große Bestandshalter von Wohnimmobilien vorgestellt.
Heute möchten wir mit der Aroundtown Aktie (ISIN: LU1673108939) ein Gewerbeimmobilien-Unternehmen vorstellen mit Ambitionen auf den DAX-Aufstieg. Das Unternehmen wird derzeit für weniger als die Hälfte des ausgewiesenen Immobilienvermögens an der Börse gehandelt. Gleichzeitig überzeugen die Finanzierungskennzahlen, welche Luft für eine weitere Expansion des Immobilienportfolios bieten. Ob es einen triftigen Grund für diese günstige Bewertung gibt, oder ob die Aktie ein wahres Schnäppchen ist, das möchten wir mit der nachfolgenden Analyse genauer prüfen.
Bei Aroundtown handelt es sich um ein auf Büro- und Gewerbeimmobilien spezialisiertes Immobilienunternehmen mit Sitz in Luxemburg. Das Unternehmen wurde im Jahr 2004 von Yakir Gabay gegründet und im Jahr 2015 an die Börse gebracht. Bereits drei Jahre später folgte der Aufstieg in den MDax.
Aroundtown zeichnete sich schon früh durch zahlreiche große Portfoliotransaktionen aus und fiel in der jüngsten Vergangenheit durch die Fusion mit der börsennotierten TLG Immobilien auf. Diese besitzt – ähnlich wie Aroundtown – ein deutschlandweites Portfolio aus Büro-, Einzelhandels- und Hotelimmobilien.
Der Zusammenschluss schafft einen neuen Giganten im Büroimmobilienmarkt in Europa und erhöht die Chancen auf einen Aufstieg in den DAX. Damit könnte Aroundtown neben Vonovia und Deutsche Wohnen der dritte große Immobilienkonzern im Leitindex sein.
Der Wert des Konzern-Immobilienportfolios belief sich zum Stichtag des Halbjahresberichts 2020 auf 26 Milliarden Euro. Hiervon beziehen sich 22,6 Milliarden Euro auf das sogenannte Commercial-Portfolio. Hierin werden die von Aroundtown selbst gehaltenen gewerblichen Immobilien zusammengefasst. Zusätzlich existiert eine bedeutende Beteiligung an der ebenfalls in Luxemburg ansässigen Grand City Properties von rund 40 Prozent, welche das Residential-Portfolio (Wohnimmobilien) abbildet.
Kerninvestitionsgebiete sind den vier Metropolen Berlin, München, Frankfurt sowie Amsterdam zuzuordnen. Es konzentrieren sich 59 Prozent der Büro-Immobilieninvestments auf diese Regionen. Weiter ist der Konzern in den 8 der 15 größten urbanen Regionen der EU vertreten. Hotels sind die zweitgrößte Asset-Klasse im Commercial-Portfolio. Ihr Wert belief sich zum Halbjahr auf fast sechs Milliarden Euro.
Insgesamt wurden im Geschäftsjahr 2019 Mieteinnahmen von 766 Millionen Euro verbucht und ein Gewinn je Aktie von 1,12 Euro ausgewiesen.
Objektiv gesehen verlief das erste Halbjahr bei der Aroundtown gar nicht mal so schlecht: Die Mieterlöse stiegen von 359 Millionen Euro um 40 Prozent auf 502 Millionen Euro. Der Anstieg ist im Wesentlichen auf eine Ausweitung des Immobilienvermögens zurückzuführen, welches um 25 Prozent auf 22,6 Milliarden Euro anstieg. Auch konnte mit 564 Millionen Euro wieder ein signifikant hoher Betrag durch die Neubewertung des Immobilienvermögens erzielt werden.
Und dennoch hatte der Konzern einiges im ersten Halbjahr 2020 zu beklagen. Seine Hotelimmobilien unterlagen nämlich aufgrund von nationalen Shutdowns einem gewissen Stress. Sie konnten zeitweise kein Geschäft mehr machen oder verzeichneten deutlich rückläufige Übernachtungszahlen, was schließlich auch auf die Hotel-Immobilienpreise drückte. In Summe belastete dies das Bewertungsergebnis im ersten Halbjahr 2020 um insgesamt 206 Millionen Euro.
Der Ausblick für das Gesamtjahr 2020 sieht einen operativen Gewinn (FFO I) von 460 bis 485 Millionen Euro vor. Je Aroundtown Aktie soll dieser Wert zwischen 0,25 und 0,28 Euro liegen. Zum Vergleich: Im Geschäftsjahr 2019 lag der FFO I bei 0,38 Euro. Demnach wird mit einem deutlichen Rückgang gerechnet.
Auch Analysten sehen den Gewinn je Aroundtown Aktie rückläufig. Für das Jahr 2020 wird von einem EPS von 0,23 Euro ausgegangen, nachdem im Jahr 2019 noch 1,12 Euro verdient wurden. Im Jahr 2021 soll dieser Wert wieder auf 0,35 Euro ansteigen, was einem erwarteten Gewinnwachstum von 52,2 Prozent entspricht. Der Gewinnrückgang im laufenden Jahr sollte – sofern die Analystenschätzungen ins Schwarze treffen – sich auf fast 80 Prozent belaufen.
Eine gute Kennzahl aus der Levermann Analyse für die Aroundtown Aktie ist aus fundamentaler Sicht die Eigenkapitalquote. Diese belief sich im letzten Jahr – gemäß Datenbank des aktien.guide – auf 43 Prozent und kann als solide interpretiert werden.
Attraktiv sieht auch der Loan-to-Value der Aroundtown Aktie aus. Dies ist ein Quotient aus dem Darlehensbetrag und dem Beleihungswert, welcher das Kreditrisiko oder zusätzliche Finanzierungsmöglichkeiten aufzeigt. Der Wert lag zum 30. Juni 2020 bei gerade einmal 36 Prozent – ein Wert, der deutlich unter dem eigenen Limit von 45 Prozent liegt. Die durchschnittliche Laufzeit der Kredite beläuft sich auf 6,2 Jahre bei einem durchschnittlichen Zins von 1,6 Prozent.
Mit Cash und liquiden Mittel im Wert von 2,7 Milliarden Euro scheint das Unternehmen zudem über ausreichend Liquidität für weitere Zukäufe zu verfügen.
Eine häufige genutzte Kennzahl, die in der Immobilienwirtschaft von großer Bedeutung ist, ist der Net Asset Value (NAV). Umgangssprachlich handelt es sich hierbei um den Marktwert der Immobilien abzüglich Schulden.
Dieser belief sich bei Aroundtown zum 30. Juni 2020 auf 15,3 Milliarden Euro. Je Aroundtown Aktie entsprach das einem Betrag von 11,10 Euro. Gemessen an dem aktuellen Aktienkurs von rund 5,51 Euro wird der Wert des Immobilienvermögens demnach deutlich unterhalb des bilanzierten Wertes gehandelt.
Das auch das Management die Aroundtown Aktie für unterbewertet hält, könnte man dem aktuellen Aktienrückkaufprogramm entnehmen. Hier sollen bis zum Ende des Jahres eigene Aroundtown Aktien im Wert von 500 Millionen Euro zurückerworben werden. Auch möchte das Unternehmen mit der Wiederaufnahme der Dividendenzahlung im Dezember das Vertrauen der Anleger zurückgewinnen. Geplant ist auf der ordentlichen Hauptversammlung am 15. Dezember 2020 eine Dividende von 0,14 Euro vorzuschlagen.
Der Abschlag auf den bilanzierten Immobilienwert der Aroundtown erscheint gewaltig. Schließlich kann man aktuell über die Aktie die Immobilien zu weniger als die Hälfte des Wertes erwerben.
Der Abschlag ist primär mit der Fokussierung auf Büro- und Hotelimmobilien zu erklären. Diese Asset-Klassen verfügen aufgrund der Corona-Krise aktuell über wenig Attraktivität. Zudem könnte auch langfristig der Bedarf an Büroimmobilien sinken, sofern der Anteil an Home-Offices auch nach Corona hoch bleibt. Auch andere Gewerbeimmobilien-Aktien, wie zum Beispiel die DIC-Asset, leiden ähnlich und werden weit unter ihren NAV-Werten gehandelt.
Ein weiterer Kritikpunkt und möglicher Grund für die Unterbewertung könnte in den Zypern-Strukturen des Unternehmens liegen.
Es ist schon ein wenig verwunderlich, wie ein so junges Unternehmen innerhalb kürzester Zeit zu einem der größten Immobilienkonzerne in Europa aufsteigen kann – besonders dann, wenn auch der Unternehmensgründer noch einen signifikant hohen Anteil hält und zum Multi-Milliardär aufsteigt.
Das Handelsblatt lieferte Mitte letzten Jahres einen interessanten Artikel zu den Geschäften des Unternehmens. Demnach sollen die Immobilien in Gesellschaften gebündelt sein, deren Eigentumsverhältnisse der Öffentlichkeit häufig nicht zugänglich sind. Ihre Hauptanteilseigner befinden sich nämlich auf Zypern.
Für mich liest sich der Artikel ein wenig wie die dunkle Seite des Kapitalmarktes und sorgt abschließend für wenig Vertrauen. Nur wer dennoch eine von den Kennzahlen her günstige Immobilienaktie mit Chancen auf einen DAX-Aufstieg erwerben möchte, der sollte sich die Aktie der Aroundtown einmal genauer anschauen.
Wenn Du wöchentlich neue Investmentideen und kostenlose Aktienanalysen, die nach der Levermann-, High-Growth-Investing- oder Dividenden-Strategie ausgewählt wurden, per E-Mail bekommen möchtest, dann kannst Du jetzt unseren kostenlosen aktien.guide Newsletter abonnieren.
Der Autor und/oder mit dem aktien.guide verbundene Personen oder Unternehmen besitzen oder können Anteile von Aroundtown besitzen. Dieser Beitrag stellt eine Meinungsäußerung und keine Anlageberatung dar. Bitte beachte die rechtlichen Hinweise.