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Zillow Aktienanalyse: Folgt auf den iBuying Exit der Turnaround?

Geschrieben von Lukas Langer | 24.3.2022
Inhaltsverzeichnis
Mit einer einzigen App Häuser (ver)kaufen, (ver)mieten, besichtigen und dabei auch noch die finanziellen Konditionen regeln. Was für die meisten Deutschen erstmal unvorstellbar klingt, trifft in Amerika derzeit genau den Nerv der Zeit. Das Unternehmen Zillow aus Seattle bietet eine Webseite an, bei der Interessierte genau diese Dienstleistung nutzen können. Die Webseite funktioniert auf dem Computer, aber auch via Handy – inklusive einer virtuellen Besichtigung des Objekts, an dem man interessiert ist. Zillow brachte dies in den vergangenen Monaten und Jahren beeindruckenden Erfolg. Allein im Jahr 2021 konnten die Umsätze um 144 Prozent gesteigert werden und lagen bei 8,1 Milliarden US-Dollar.

Komplett in die andere Richtung ging es mit der Zillow Aktie. Stand der Zillow Aktienkurs im Februar 2021 zwischenzeitlich noch bei über 200 Dollar, wird sie im März 2022 für unter 50 US Dollar gelistet. (Zillow hat zwei verschiedene Aktien an der Börse – Class A und Class C Aktien. Die Class-C Aktien wurden später emittiert und sind vergleichbar mit Vorzugsaktien).

 

Quelle: aktien.guide

Was lies den Kurs derart abstürzen? Zum einen war auch Zillow von der großen Korrektur der Technologiewerte betroffen. Vom Tief des Corona-Crashs bei knapp 26 US Dollar konnte sich die Aktie bis Anfang 2021 auf über 200 US Dollar zuvor fast verzehnfachen. Die folgende schärfere Korrektur ist aufgrund der damals hohen Bewertung also nachvollziehbar.

Andererseits gab es auch operativ einige bemerkenswerte Entwicklungen. So gab Zillow im November bekannt das iBuying Geschäft zu terminieren. Laut CEO Barton hätte eine Weiterführung des Modells das Fortbestehen des Unternehmens riskiert. Am Tag der Bekanntgabe verlor die Aktie insgesamt 15 Prozent.

Mittlerweile ist die Aktie, die bereits in der Vergangenheit mit einem EV/Sales Verhältnis deutlich über 10 gehandelt wurde, wieder bei einem Vielfachen von 1,8 angekommen. Allerdings hat sich, wie bei vielen Corona-Profiteuren, die Stimmung deutlich eingetrübt.

 

Quelle: aktien.guide

Operative Fehlschläge trugen ebenfalls zum negativen Sentiment bei. Doch wie geht es jetzt weiter mit dem Unternehmen? Wollen die Leute ihre Häuser überhaupt über eine App kaufen? Zum Anfang wollen wir in dieser Zillow Aktienanalyse jedoch erklären, was genau Zillow ausmacht und warum der eigene Häuserkauf im Laufe des letzten Jahres eingestellt wurde.

Das Wichtigste in Kürze
  • Zillow ist eine der größten Vermittlungsplattformen für Immobilien in den USA
  • Plant in 2022 den Exit aus dem unprofitablen iBuying Geschäft
  • Rechnet man die Umsätze aus dem iBuying Geschäft heraus ergibt sich aktuell maximal eine faire Bewertung

Kurzprofil von Zillow

Zillow wurde im Jahr 2004 gegründet. Das Unternehmen bietet einen Marktplatz, um Anbieter und Verkäufer von Häusern sowie Mieter und Vermieter zusammenzubringen. Die Segmente von Zillow lassen sich in “Homes”, “Internet, Media & Technology” (IMT) und “Hypotheken” unterteilen. Das Unternehmen ist laut eigenen Angaben die am meisten besuchte Webseite im Bereich Real Estate in den USA.

Sie hilft Kunden mit digitalen Lösungen beim Finden, Kaufen und Bezahlen des eigenen Traumhauses. Im Jahr 2021 hatte die Webseite insgesamt mehr als 10 Milliarden Aufrufe, von 234 Millionen (potenziellen) Nutzern. Vergleichbar ist das Angebot etwa mit der deutschen Immoscout24.

Quelle: Zillow Group Investor Presentation 2022

Einen der Wettbewerbsvorteile stellt die große Datenbank dar, die Zillow über die vergangenen Jahre aufbauen konnte. Mehr als 135 Millionen Häuser und Wohnungen aus den USA wurden bereits auf der Plattform angeboten. Dadurch ist es dem Unternehmen möglich, Dienstleistungen wie das sogenannte “Zestimate” anzubieten. Zestimate bewertet auf Basis von Algorithmen das angebotene Haus und liegt damit in der Regel sehr nahe am tatsächlichen Transaktionspreis. Die Abweichung lag laut Zillow bei 2,7 Prozent des Preises.

Außerdem versucht Zillow, aktiv am Kaufprozess beteiligt zu sein. Hat sich ein Käufer dazu entschieden, ein Haus genauer in Betracht zu ziehen, verbindet Zillow ihn mit einem geeigneten Makler. Falls der Kunde sich entscheidet, neu zu bauen und hat er über die Plattform ein Grundstück gefunden, hat Zillow ebenfalls zahlreiche Kooperationspartner. Dazu zählt auch das Segment “Mortgages”, in dem Zillow selbst Hypothekenkredite anbietet oder durch enge Zusammenarbeit mit Kreditgebern Hypothekenkredite vermittelt. Derzeit sind rund 87 Prozent aller Immobilien in den USA mit Hypothenkrediten finanziert.

Was ist iBuying?

Durch den Fokus auf den Kauf und Verkauf von Immobilien konnte Zillow seinen bedienbaren Markt von 19 Milliarden Dollar in den letzten Jahren auf über 300 Milliarden Dollar ausweiten. In seiner strategischen Ausrichtung, sich mehr und mehr auf den Transaktionsprozess zu fixieren, integrierte Zillow auch den eigenen Immobilienkauf und -verkauf. Die Basis des Geschäftsmodells war ein Algorithmus, der es dem Unternehmen ermöglichen sollte, günstige Immobilien zu finden und diese profitabel zu verkaufen. Zillow nannte dieses Geschäftsmodell iBuying und führte Umsätze unter dem Stichwort “Homes”.

Was in der Theorie vielversprechend klang, war in der Praxis jedoch äußerst unprofitabel. Wie CEO Rich Barton im November bekannt gab, war es trotz der großen Datenbank unmöglich, automatisiert Häuserpreise verlässlich zu schätzen. Dafür seien die Preisbewegungen schlicht zu volatil. Durch die Überzahlung der Immobilien konnte das Geschäft nicht profitabel betrieben werden, weshalb Zillow sich entschloss, die Immobilien schnellstmöglich zu verkaufen. Zugleich werden 25 Prozent des gesamten Personals entlassen. Dies sorgte im Jahr 2021 sowohl für deutliche Umsatzzuwächse als auch für hohe Verluste, weshalb die ausgewiesenen Zahlen keine hohe Aussagekraft haben.

Wie ist Zillow geführt?

Der aktuelle CEO Rich Barton war einer der Gründer von Zillow und führt das Unternehmen seitdem. Rich hat einen beeindruckenden Hintergrund als Gründer von Unternehmen. Er gründete im Jahr 1994 bereits Expedia innerhalb des Microsoft Konzerns. Im Jahr 1999 begleitete er dessen Börsengang und war bis zum Jahr 2003 als CEO aktiv. Auch den Jobvermittler Glassdoor gründete Barton und war bis 2018 non-executive Chairman, was vergleichbar mit dem Aufsichtsrat in Deutschland ist. Zillow gründete Barton im Jahr 2005 und war bis 2010 als CEO tätig – im Jahr 2019 kam er dann als CEO zurück. Daneben sitzt Barton unter anderem auch im Aufsichtsrat von Netflix.

 

Quelle: Zillow Group Investor Presentation 2022

Lloyd Frink co-gründete Zillow zusammen mit Barton. Er ist derzeit im Aufsichtsrat von Zillow aktiv. Die beiden verbindet eine lange Zusammenarbeit. Bereits bei Expedia sowie Microsoft waren sie gemeinsam tätig. Außerdem studierten beide an der Stanford University.

Financials von Zillow

Gemeinsam mit den letzten Quartalszahlen veröffentlichte Zillow auch seine Jahreszahlen. Im Gesamtjahr stiegen die Umsätze um 144 Prozent. Dies lag jedoch vor allem an den Verkäufen der angekauften Immobilien. Diese machten im Jahr 2021 knapp 74 Prozent des Gesamtumsatzes aus. Wenn man den Bereich Homes aus den Gesamtumsätzen ausklammert, lagen diese bei lediglich 2,1 Milliarden Dollar und wuchsen im Vergleich zu 2020 um 31,2 Prozent.

Interessant ist auch zu beobachten, dass die Umsatzkosten des Immobilienkaufs und -verkaufs über den Umsätzen lagen. Das heißt, dass das Segment insgesamt im Jahr 2021 eine negative Bruttomarge lieferte – sogar vor Einbezug von Vertriebs-, Marketing- und administrativen Kosten. Dadurch verdreifachten sich die Nettoverluste im Vergleich zum Vorjahr fast von -0,72 Dollar je Aktie auf -2,11 Dollar je Aktie.

Den Verfall der Bruttomarge nach Einführung des Immobilienan- und verkaufs kann sieht man deutlich in folgender Grafik.

 

Quelle: aktien.guide

Von einer beeindruckenden Bruttomarge von über 80 Prozent in den Jahren 2018 und 2019 liegt die Marge aktuell bei knapp über 26 Prozent. Es bleibt abzuwarten, wie sich der Wegfall des Immobilienan- und verkaufs in den Folgejahren auf die Brutto- und die operative Marge auswirken wird.

Ein besseres Bild geben die Zahlen des IMT Segments ab. Die Umsätze stiegen um 14 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Im Vergleich zum Q4 2019 um 51 Prozent. In Q4 konnte hier ein adjustiertes Ebitda von 220 Millionen US Dollar erreicht werden.

Zillow Aktie Prognose

Für Q1 2022 erwartet Zillow erneut Immobilienverkäufe von 3,3 Milliarden US-Dollar. Die Zahlen werden also weiterhin nicht aussagekräftig für die zukünftige Entwicklung sein. Für die Sparte IMT erwartet Zillow ein Wachstum von 9 Prozent für das erste Quartal 2022. Investoren sollten sich bei der Betrachtung der Zahlen auf das Wachstum des Bereichs IMT sowie Hypotheken fokussieren.

Langfristiger Ausblick 2025

Vielleicht wichtiger ist der Ausblick des Managements für das Jahr 2025: Hier peilt das Management einen Umsatz von 5 Milliarden Dollar an. Zum Vergleich: Vergangenes Jahr lag der Gesamtumsatz von Zillow bei 8,1 Milliarden Dollar. Der Ausblick bedeutet also, dass die Umsätze von Zillow in vier Jahren unter denen von 2021 liegen sollen. Bereinigt um die Immobilienverkäufe lag der Umsatz in 2021 jedoch bei 2,1 Milliarden Dollar. Das bedeutet, dass die Umsätze insgesamt zwar kleiner werden, die Bereiche, in denen Zillow weiterhin operiert, aber um 138 Prozent im Gesamtzeitraum wachsen. Jährlich bedeutet dies einen Umsatzanstieg von 24 Prozent.

Profitabilität der Zillow Aktie

Zillow peilt ebenfalls an, profitabler zu werden. Die operative Marge vor Abschreibungen soll von 39 Prozent auf 45 Prozent steigen. Interessant ist auch, dass Zillow kein Marktwachstum erwartet. Wie bereits 2021 soll auch im Jahr 2025 die Transaktionszahl bei 12,2 Millionen liegen. Dagegen plant Zillow, seinen Marktanteil von aktuell 3 Prozent auf 6 Prozent zu verdoppeln. Ein durchaus ambitioniertes Ziel. Es bleibt spannend, ob es Zillow wirklich gelingt, dies zu erreichen.

Wichtige Kennzahlen von Zillow

Zillow hat einen Cashbestand von 3,4 Milliarden Dollar, der fast ausreicht, um die kurzfristigen Verbindlichkeiten von 3,9 Milliarden Dollar zu decken. Insgesamt kann das Unternehmen mit seinem Umlaufvermögen locker die gesamte Schuldenlast decken, was für eine sehr gute Liquidität spricht. Auch der Verschuldungsgrad von unter 1 gilt als Zeichen für eine gesunde Bilanz.


Quelle: aktien.guide

Die restlichen Zahlen von Zillow auf Basis der HGI-Strategie sind leider derzeit wenig aussagekräftig, da sie die Zahlen von den Immobilienverkäufen enthalten. Während die Bruttomarge in den kommenden Jahren deutlich steigen wird, ist der Rule-of-40 Score durch das hohe Wachstum verzerrt. Dieses kommt wie bereits erwähnt dadurch zustande, dass Zillow alle erworbenen Grundstücke auf einmal auf den Markt wirft.

 

Quelle: aktien.guide

Auch das niedrige EV/Sales Verhältnis von aktuell 1,85 wird sich deutlich erhöhen, bedingt durch die bis 2025 sinkenden Umsätze. Hier wird das Unternehmen lange Zeit mit den Vergleichen zu den Vorjahren kämpfen.

Bewertung der Zillow-Aktie

Und hier liegt das Problem. Zillow sieht derzeit mit einem EV/Sales Verhältnis von 1,85 bei einem Wachstum von 144 Prozent extrem günstig aus. Aber dieser Schein trügt. Rechnet man die Umsätze von den Immobilienverkäufen aus der aktuellen Bewertung, so liegt das EV/Sales Verhältnis bei 6,4. Dies ist sicherlich günstiger als so manch andere Technologie-Aktie, jedoch bei einem zu erwartenden Wachstum von 9 Prozent im tragenden Bereich IMT ersten Quartal 2022 auch nicht günstig.

Selbst wenn sich die Prognosen des Managements erfüllen, wird das EV/Sales im Jahr 2025 bei immer noch 2,69 auf Basis des aktuellen Kurses liegen. Vieles wird also darauf ankommen, wie Zillow es schafft, die Umsätze in Profitabilität umzumünzen.

Zillow kann ein sehr profitables Unternehmen werden, das seine aktuelle Bewertung verdient. Hierfür muss es jedoch gelingen, das alte Niveau der Bruttomarge zu erreichen und gleichzeitig die Vertriebs- und Marketingkosten zu senken. Derzeit ist dies noch nicht absehbar.

Fazit zu Zillow

Aufgrund seiner fehlgeschlagenen Immobilieninvestitionen ist Zillow derzeit eine “Blackbox”. Das Unternehmen hat einen erfahrenen CEO, wächst bereits seit Jahren und ist die meistbesuchte Immobilienplattform in den USA – einem Markt mit einem derzeitigen Immobilienboom (siehe Analyse zu LGI Homes).

Dennoch ist derzeit nicht abschätzbar, wie sich die Absetzung des Geschäftsbereichs Homes (iBuying) auswirkt. Selbst wenn Zillow eine sehr profitable Immobilienvermittlung wird, lässt die aktuelle Bewertung nach meiner Einschätzung nur begrenzt Spielraum für überdurchschnittliche Kursgewinne in den kommenden Jahren. Im aktuellen Markt erscheint das Chance-Risiko Verhältnis deshalb vergleichsweise schlecht.

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Der Autor und/oder mit dem aktien.guide verbundene Personen oder Unternehmen besitzen oder können Anteile von Zillow besitzen. Dieser Beitrag stellt eine Meinungsäußerung und keine Anlageberatung dar. Bitte beachte die rechtlichen Hinweise.