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SentinelOne Aktienanalyse: Besser als CrowdStrike?

Geschrieben von Lukas Langer | 18.6.2024
Inhaltsverzeichnis
Wie hätte ein erfolgreiches Aktienportfolio in den letzten fünf Jahren ausgesehen? Nun, es hätte auf jeden Fall Aktien aus einer speziellen Branche enthalten: der Cybersicherheit. Nur eine Cybersecurity Aktie entwickelte sich seit ihrem Börsengang nicht besonders erfolgreich: die SentinelOne Aktie (ISIN: US81730H1095). Während Aktien wie CrowdStrikePalo Alto Networks oder auch Qualys in den vergangenen Jahren stets neue Hochs erreichten und den breiten Gesamtmarkt mit ihrer Performance hinter sich ließen, zeigt das Wertpapier von SentinelOne ein düsteres Bild.

 

Quelle: SentinelOne Aktienkurs

Investoren, die von Beginn an an Bord waren, hätten mehr als die Hälfte ihres Einsatzes verloren. Bei den anderen Aktien aus dem Cybersecurity-Bereich sieht das Bild auf 3-Jahressicht deutlich besser aus:

Quelle: SentinelOne Peer Group im Vergleich

SentinelOne ist erst 2021 an die Börse gegangen, daher gibt es noch keine Daten für längere Zeiträume.

Mittlerweile steht SentinelOne aufgrund der Kursverluste bei einem EV/Sales-Verhältnis von unter 8, was so niedrig wie noch nie ist. Im Vergleich dazu zahlen Börsianer für den engsten Wettbewerber CrowdStrike das knapp 28-fache des Umsatzes.

Das Unternehmen erzielte im Quartal das stärkste Umsatzwachstum von allen. Was ist also los mit der SentinelOne Aktie? Warum bleibt sie nahe den Tiefstständen, während andere Cybersecurity-Aktien nur steigen? Und wie schätzen Analysten die SentinelOne Aktie Prognose ein?

 

Das Wichtigste in Kürze
  • SentinelOne zeigt starkes Umsatzwachstum in der Cybersecurity-Branche
  • Trotz Fortschritte bei der Profitabilität und einer gestiegenen Bruttomarge ist die Aktie im Vergleich zur Konkurrenz niedrig bewertet
  • Die Übernahme von PingSafe und die hohe aktienbasierte Vergütung belasten die Profitabilität und das Vertrauen der Investoren
  • Analysten erwarten weiterhin stark steigende Umsätze und sehen ein potenzielles Kursplus von etwa 33%

Was macht SentinelOne?

Im Bereich der Cybersecurity haben sich drei Hauptziele herauskristallisiert: Authentifizierung und Identitätsmanagement, Cloud- und Netzwerksicherheit sowie Endgeräteschutz. Während Okta für Authentifizierung und Zscaler für Netzwerksicherheit zuständig ist, sorgen SentinelOne und CrowdStrike für den Schutz der Endgeräte.

Darüber hinaus bieten Unternehmen wie Fortinet, Cisco und vor allem Palo Alto Networks umfassende Lösungen über das gesamte Angebotsspektrum an. Auch CrowdStrike erweitert sein Angebot durch gezielte Übernahmen und expandiert in andere Bereiche.

Der Bereich Endgerätesicherheit, in dem SentinelOne tätig ist, schützt Geräte wie Laptops, Handys und Server, die mit einem Firmennetzwerk verbunden sind. Ziel ist es, Spionage, Trojaner, Viren (Malware) und Phishing (Datenklau durch gefälschte E-Mails oder Webseiten) zu verhindern.

Bedrohungen und Lösungen: Wie SentinelOne Geräte schützt

Die schnelle Nutzung von Cloud-Diensten und mobilem Arbeiten bringt laut SentinelOne neue Bedrohungen mit sich. Mehr mobile Geräte, oft mit unterschiedlichen Betriebssystemen, erhöhen die Anfälligkeit der Firmensysteme. Deshalb ist der Schutz der Endgeräte sehr wichtig.

Die fortschrittliche Lösung heißt „Endpoint Detection and Response“. Sie erkennt und reagiert auf Angriffe mithilfe von maschinellem Lernen und künstlicher Intelligenz. Dies geschieht durch Erkennung von Angriffsmustern, Identifizierung verdächtiger Aktivitäten und Regeln wie dem Blockieren bestimmter Webseiten.

Die Plattform von SentinelOne, die diese Funktionen bietet, heißt Singularity. Laut SentinelOne ist es die erste KI-gesteuerte Plattform für "Endpoint Detection and Response". Das Besondere an Singularity ist, dass sie mit allen Betriebssystemen wie Linux und Windows kompatibel ist und sowohl in der Cloud, der Hybrid Cloud als auch ohne Cloud genutzt werden kann. Singularity zielt darauf ab, Bedrohungen autonom zu verhindern oder zu erkennen und zu beseitigen.

SentinelOne nutzt hierzu künstliche Intelligenz, um seine Erkennung und Bekämpfung kontinuierlich zu verbessern. Während eine statische KI dazu da ist, schädliche Dateien jeglicher Art zu identifizieren und zu bekämpfen, hat SentinelOne auch eine „behavioural“ KI namens Storyline geschaffen, die Verhaltensmuster von den individuellen Endpunkten (also Laptops, Handys etc.) analysiert. Die Daten können über große Zeiträume analysiert und nachvollzogen werden. Dadurch werden falsche oder bösartige Verhaltensmuster direkt erkannt und können bekämpft werden. Ist eine Bedrohung einmal erkannt, wird diese vollautonom bekämpft.

Beides hilft es dem Unternehmen auch, „Zero-Day attacks“, also Attacken, die in der Form zuvor noch nicht aufgetreten sind, effektiv zu bekämpfen.

Darüber hinaus hat Storyline einen weiteren großen Vorteil: Durch das Aufzeichnen des Verhaltens kann genau nachvollzogen werden, welche Änderungen an einer Datei durch schädliche Intervention verursacht wurden. Storyline kann daher vollautonom genau die Version einer Datei wiederherstellen, die exakt vor dem Angriff existierte. SentinelOne hat sich dieses Verfahren patentieren lassen.

Der Nutzen hiervon ist in der Branche allerdings umstritten. Während SentinelOne von einem großen Wettbewerbsvorteil spricht, definiert CrowdStrike das roll-back Verfahren als umständlich und fehleranfällig. Aber mal ehrlich – welches Unternehmen würde dies über eine patentierte Anwendung des größten direkten Konkurrenten nicht sagen?

SentinelOne vs. CrowdStrike Aktie - Wer gewinnt das Duell?

SentinelOne nennt im Bereich Endpunktsicherheit CrowdStrike und VMWare, das im Jahr 2023 von Broadcom übernommen wurde, als seine Wettbewerber. Das Unternehmen verweist auch auf die umfassende Lösung von Palo Alto Networks und die teils veralteten Lösungen von Microsoft, McAfee und Symantec.

In vielerlei Hinsicht ist CrowdStrike der Hauptkonkurrent von SentinelOne. Beide haben ein ähnliches Geschäftsmodell, vergleichbare Kooperationen mit Zscaler und Okta und werden vom Analysehaus Gartner als führend im Bereich Endpunktsicherheit genannt.

Quelle: Gartner magischer Quadrant

Was sind die Unterschiede zwischen CrowdStrike und SentinelOne? Ein großer Vorteil von SentinelOne ist seine Vielseitigkeit. CrowdStrike hat einige fehlende Funktionen bei Nicht-Windows-Betriebssystemen und funktioniert nur in der Cloud. SentinelOne wird daher oft bevorzugt, besonders bei Nicht-Windows-Systemen. Ein weiterer Vorteil von SentinelOne ist die Benutzerfreundlichkeit. Die Software gilt als intuitiver, Updates sind einfach und schnell, und sie kann leicht mit anderen Produkten von SentinelOne oder anderen Cybersecurity-Firmen erweitert werden.

CrowdStrike bietet eine umfassendere Plattform mit mehr Funktionen. In der CrowdStrike-Software sind automatisiertes Benutzer- und Berechtigungsmanagement (CIEM) und Sicherheitsanalysen während der Softwareentwicklung (ASPM) integriert. Diese Funktionen fehlen bei SentinelOne.

Beide Firmen streiten über die technischen Vorzüge ihrer Software. SentinelOne hebt sein Rollback-Verfahren und seine automatisierte Lösung hervor, während CrowdStrike die Zuverlässigkeit seiner eigenen Lösung betont. Die Daten geben CrowdStrike recht. Beim unabhängigen Analyseportal Mitre gewann CrowdStrike beide Testkategorien: 100% und 99% Erkennungsrate ohne falsche Alarme. SentinelOne erzielte 79% und 84%, ist aber deutlich hinter CrowdStrike. CrowdStrike bleibt auch im Magic Quadrant von Gartner unangefochten.

CrowdStrike ist zudem größer (3,3 Mrd. Euro Umsatz) als SentinelOne (670 Mio. Euro Umsatz). Dadurch kann CrowdStrike seine KI mit mehr Daten trainieren, was den Abstand zwischen den beiden Firmen voraussichtlich beibehält.

Quartalszahlen SentinelOne Aktie

Zurück zu den Stärken von SentinelOne. Das Unternehmen wächst derzeit schneller als seine Konkurrenten. Im letzten Quartal stieg der Umsatz um 40% im Vergleich zum Vorjahr. Im Geschäftsjahr 2023 betrug das Wachstum sogar 47%. Allerdings hat SentinelOne ein Profitabilitätsproblem. Bei einem Umsatz von 621 Millionen US-Dollar machte es einen Verlust von 339 Millionen US-Dollar, was einer Nettomarge von über -50% entspricht.

Quelle: Gewinn- und Verlustrechnung SentinelOne

Das EBIT war noch negativer, weil hohe Zinseinnahmen nur den Nettogewinn verbesserten, nicht aber das EBIT. Eine große Belastung war die aktienbasierte Vergütung, die über 216 Millionen US-Dollar kostete und etwa zwei Drittel des Nettoverlusts ausmachte.

Tatsächlich hat ich die Aktienanzahl in den vergangenen beiden Jahren von 174 Millionen per Ende 2022 auf 294 Millionen signifikant erhöht, was bestehende Aktionäre verwässert. Dies war auch für einen Großteil des Kursverlusts der Aktie verantwortlich.

Quelle: Ausstehende Aktien SentinelOne

Seit Mitte Juli ist der Aktienkurs stärker gefallen als die Marktkapitalisierung. Ein Teil der Kursverluste ist also durch die kontinuierliche Ausgabe neuer Aktien verursacht (Erfahre hier mehr über die Kennzahl ausstehende Aktien).

Das Management von SentinelOne hat 2021 einen neuen Vergütungsplan angekündigt, der 35 Millionen neue Aktien (ca. 12% der bestehenden Aktien) ausgibt. Im Jahresbericht wurde jedoch auch festgelegt, dass die aktienbasierte Vergütung die Aktienanzahl jährlich um maximal 5% erhöhen darf. Dies bedeutet, dass die Verwässerung für Aktionäre verringert werden sollte – Aktionäre sollten dies jedoch genau beobachten.

Im letzten Quartal wurde SentinelOne sowohl beim operativen Cashflow als auch beim Free Cashflow profitabel. Das zeigt deutliche Fortschritte bei der Rentabilität.

Quelle: Cashflow Statement SentinelOne Aktie

Werfen wir nun einen Blick auf die Bilanz. Auf der Aktivseite fällt der hohe Cashbestand auf, der ausreicht, um die Verbindlichkeiten zu decken, da das Unternehmen bereits Cashflow-positiv ist. Auffällig sind auch die immateriellen Vermögenswerte, die fast ausschließlich aus Goodwill bestehen. Dieser stammt hauptsächlich aus den Übernahmen von Scalyr (2021) und Attivo (2022), die das Portfolio von SentinelOne um zusätzliche Sicherheits- und KI-Lösungen erweitert haben.

 

Quelle: Bilanz SentinelOne

SentinelOne Management

Das Unternehmen wird immer noch vom Gründer Tomer Weingarten geführt. Seit der Gründung ist er CEO und inzwischen auch im Board of Directors, was in Amerika nicht unüblich ist. Er ist maßgeblich für den Erfolg von SentinelOne verantwortlich.

Seit 2020 steht ihm David Bernhardt als CFO zur Seite. Bernhardt war zuvor CFO bei Chegg, einer Online-Lernplattform, und kennt daher die finanziellen Anforderungen eines wachstumsstarken Technologieunternehmens gut. Er war auch in verschiedenen Positionen bei Palantir tätig.

Prognose SentinelOne Aktie

Analysten erwarten in den nächsten Jahren weiter stark steigende Umsätze. Bis 2027 soll sich der Umsatz etwa verdoppeln und die Margen sollen weiter stark steigen.

Quelle: SentinelOne Analystenschätzungen

Fazit zur SentinelOne Aktie

SentinelOne befindet sich in einem Megatrend mit hohen Wachstumsraten und ist auf dem Weg zur Profitabilität. Dennoch fällt der Aktienkurs seit Jahresbeginn. Das liegt an einigen schlechten Nachrichten. Erstens warnte Marktführer Palo Alto Networks vor geringeren Cybersecurity-Ausgaben der Unternehmen, was die Branche verunsicherte. Zweitens verfehlte SentinelOne im vierten Quartal 2023 die Erwartungen, einschließlich einer sinkenden Net Retention Rate.

Hinzu kommt die Übernahme von PingSafe, einem indischen Start-up, für über 100 Millionen Dollar in Cash und Aktien. Das verwässerte die Aktienbasis weiter. Viele Investoren halten diesen Preis für zu hoch. PingSafe ist keine drei Jahre alt, hat weniger als 100 Mitarbeiter und hat bisher nur 3,3 Millionen Dollar an Finanzierungen erhalten. Zudem verkaufte der Gründer und CEO Mitte Mai 2024 Aktien von SentinelOne für einen Millionenbetrag. Das belastete das Vertrauen der Investoren weiter.

SentinelOne hat große Fortschritte bei der Profitabilität gemacht. Auch die Bruttomarge ist gestiegen. Trotzdem ist das Unternehmen nur noch mit einem EV/Sales-Verhältnis von unter 8 bewertet. Das macht SentinelOne zu einem Spitzenreiter nach der High-Growth-Investing-Strategie.

Quelle: SentinelOne HGI Analyse

SentinelOne wächst mit 40% stärker als CrowdStrike und Palo Alto Networks, ist aber viel niedriger bewertet. Die Bruttomarge liegt bei etwa 72%, nur etwas niedriger als die 75% von CrowdStrike.

Im Hinblick darauf könnte die aktuelle Bewertung von SentinelOne eine interessante Einstiegsgelegenheit darstellen, sollte sich die Verwässerung durch Akquisitionen und aktienbasierte Vergütung in Zukunft in Grenzen halten.

Quelle: SentinelOne Kursziel 2025

Dieser Meinung sind auch die Analysten, die mehrheitlich zum Kauf der Aktie raten und im Durchschnitt ein Kursplus von etwa 33% erwarten.

 

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Der Autor und/oder mit dem aktien.guide verbundene Personen oder Unternehmen besitzen oder können Anteile von SentinelOne besitzen. Dieser Beitrag stellt eine Meinungsäußerung und keine Anlageberatung dar. Bitte beachte die rechtlichen Hinweise.