Knorr-Bremse Aktie: Industriewert mit Weltmarktanspruch
Die Industrie ist ein wesentlicher Teil der Wirtschaft und befasst sich mit der Bearbeitung und Weiterverarbeitung von Rohstoffen oder Zwischenprodukten. Mit seinen vielen mittelständischen Unternehmen nimmt Deutschland in diesem Teilbereich der Wirtschaft sogar eine führende Rolle in der Exportwirtschaft ein.
Aktien aus dem Industriesektor hatten wir mit unseren Analysen bereits einige behandelt. So gehörten Siemens, Rational oder BMW zu den zuletzt besprochenen Unternehmen.
Heute möchten wir mit Knorr-Bremse Aktie (ISIN: DE000KBX1006) eine weitere interessante Aktie vorstellen, die dem Industriesektor zuzuordnen ist und gemäß der Levermann-Strategie aktuell ein Top-Scoring hält. Konkret handelt es sich um den weltweit führenden Hersteller von Bremssystemen für Schienen- und Nutzfahrzeuge.
Das Unternehmen überzeugt mit einer Vielzahl fundamentaler Kennzahlen, zahlt eine gute Dividende und stellte zuletzt sogar relativ solide Quartalszahlen vor. Auch wenn der Umsatz und das Ergebnis deutlich rückläufig waren, so wurde der Ausblick angehoben. Ob die Aktie, die mittlerweile eine hohe Bewertung erreicht hat, dennoch ein Kauf ist, das wollen wir mit der nachfolgen Analyse herausarbeiten.
Unternehmensprofil – Knorr-Bremse Aktie weltweiter Marktführer bei Bremssystemen
Knorr-Bremse ist der weltweit führende Hersteller von Bremssystemen für Schienen- und Nutzfahrzeuge. Sein Geschäft klassifiziert das in München ansässige Unternehmen in die beiden Geschäftsfelder Systeme für Schienenfahrzeuge und Systeme für Nutzfahrzeuge.
Mit Umsätzen im Geschäftsjahr 2019 von 3,7 Milliarden Euro und 3,3 Milliarden Euro sind die beiden Segmente ähnlich groß und auch beim Wachstum gab es nur geringfügige Unterschiede. So wuchs der Umsatz im Segment Systeme für Schienenfahrzeuge um 5,6 Prozent, das Segment Systeme für Nutzfahrzeuge legte um 3,8 Prozent zu.
Insgesamt konnte der Konzernumsatz im Geschäftsjahr 2019 um 4,8 Prozent auf 6,9 Milliarden Euro gesteigert werden. Das EBITDA erreichte einen Wert von 1,3 Milliarden Euro und lag um 12,8 Prozent über dem vergleichbaren Vorjahreswert von 1,2 Milliarden Euro. Die entsprechende EBITDA-Marge konnte von 17,8 Prozent auf 19,2 Prozent gesteigert werden.
Nahezu unverändert blieb das Ergebnis je Aktie. Es lag mit 3,65 Euro um drei Cents unter dem Vorjahreswert von 3,68 Euro.
Die letzten Quartalszahlen und der Ausblick
Die Corona-Pandemie geht auch nicht spurlos an einem weltweit tätigen Konzern wie der Knorr-Bremse vorbei. So wurde im ersten Halbjahr 2020 ein Umsatzrückgang von 15,2 Prozent auf 3,1 Milliarden Euro verkündet. Und auch beim EBITDA gab es einen deutlichen Rückgang. Es sank von 669 Millionen Euro um 20 Prozent auf 536 Millionen Euro. Die entsprechende EBITDA-Marge der Knorr Bremse Aktie lag bei 17,5 Prozent.
Trotz des starken Rückgangs, der sich auch am Auftragseingang bemerkbar machte (-23,8 Prozent auf 2,7 Milliarden Euro), fielen die Zahlen für viele Marktteilnehmer besser aus als erwartet. Auch für das Management von Knorr-Bremse war dies der Fall, denn das Unternehmen erhöhte mit der Veröffentlichung der Halbjahreszahlen 2020 seine Prognose für das Gesamtjahr.
Vorbehaltlich weiterer Lockdowns rechnet der Konzern bis zum Jahresende mit einem Umsatz von 5,9 bis 6,2 Milliarden Euro. Weiter soll die operative Ergebnismarge (EBITDA) einen Wert zwischen 16,5 Prozent und 17,5 Prozent erreichen. Gegenüber dem Wert aus dem Jahr 2019 würde dies im günstigsten Fall einem Umsatzrückgang von 10,6 Prozent entsprechen. Im schlechtesten Szenario würde sich der Umsatzrückgang auf fast 15 Prozent belaufen.
In Kombination mit einer rückläufigen EBITDA-Marge wird das Ergebnis natürlich deutlich stärker betroffen sein. Nach Unternehmensprognosen könnte jedoch wieder ein EBITDA von einer Milliarde Euro erreicht werden.
Der Datenbank des aktien.guide kann man ein erwartetes Ergebnis je Aktie für 2020 von 2,71 Euro entnehmen. Der Schätzwert entstammt Analystenerwartungen und soll für 2021 auf 3,77 Euro ansteigen, was einem erwarteten Gewinnwachstum von 39,1 Prozent entspricht. Für 2020 ist für die Knorr Bremse Aktie aber erstmal von einem Ergebnisrückgang von 25,8 Prozent auszugehen.
Aktienkursentwicklung und wichtige Kennzahlen der Knorr-Bremse Aktie
Gemäß der Levermann-Analyse überzeugt Knorr-Bremse mit den drei fundamentalen Kennzahlen Eigenkapitalrendite, EBIT-Marge sowie Eigenkapitalquote.
Besonders gut stellt sich der Wert der Eigenkapitalrendite von rund 31 %. Er ist so hoch, dass er für eine Platzierung unter den Top-Aktien mit attraktiver Eigenkapitalrendite in der Levermann-Strategie ausreicht.
Die Kennzahl Eigenkapitalrendite errechnet sich aus dem Gewinn, der in Relation zum Eigenkapital gesetzt wird. Berechnungsbasis ist das letzte Geschäftsjahr. Hier wurde der Ergebnisanteil der Gesellschafter von 588 Millionen Euro in Relation zum bilanzierten Eigenkapital von 1,9 Milliarden Euro gesetzt.
In Relation zur Bilanzsumme von 6,9 Milliarden Euro beläuft sich die Eigenkapitalquote auf rund 27 % – ein Wert, der es zwar nicht außerordentlich hoch ist, jedoch in der Levermann-Analyse mit einem Pluspunkt gewürdigt wurde.
Weiter fällt die Dividende positiv bei Knorr-Bremse auf. So wurde seit dem Börsengang im Jahr 2018 zweimal eine Dividende gezahlt. Die letzte Dividende belief sich auf 1,80 Euro und wurde trotz der Coronakrise um 2,9 % erhöht. Bei einem aktuellen Aktienkurs von rund 100 Euro würde sich die Dividendenrendite auf rund 1,8 % belaufen.
Gemäß der Ausschüttungspolitik des Unternehmens ist es das Ziel, solide Dividenden auszuschütten. Knorr-Bremse strebt hierbei eine Ausschüttungsquote des nach IFRS berechneten Nettogewinns zwischen 40 und 50 % an. Für das kommende Jahr müsste man daher von einer rückläufigen Dividendenzahlung ausgehen.
Die Fähigkeit, hohe Dividenden auszuschütten, kann mit dem starken Cashflow sowie der guten Liquiditätssituation begründet werden.
So wurde im Geschäftsjahr 2019 ein Free Cashflow von 861 Millionen Euro generiert, der deutlich über dem Ergebnis nach Steuern lag. Und auch bezüglich der Liquidität befindet sich Knorr-Bremse aktuell in einer guten Lage. So konnte zum 30.06.2020 eine Bruttoliquidität von 2,3 Milliarden Euro ausgewiesen werden.
Bewertung der Knorr-Bremse Aktie
Mit einem aktuellen Kurs-Gewinn-Verhältnis von 37,4 ist die Aktie von Knorr-Bremse als teuer einzustufen. Der Wert errechnet sich auf Basis eines stark rückläufigen Ergebnisses von 2,71 Euro. Dieses wird von Analysten für das Folgejahr 2020 wieder mit 3,77 Euro geschätzt, woraus sich ein erwartetes KGV von rund 26,5 ergibt. Auch dieser Wert ist immer noch hoch, für einen Marktführer jedoch nicht mehr teuer.
Ein Blick auf die fundamentalen Kennzahlen des Unternehmens verdeutlicht aber eine mögliche Überbewertung. Das Unternehmen wird nämlich zu einem Enterprise Value von 17,7 Milliarden Euro gehandelt. Gemessen an den Free Cashflow (TTM) von 553 Millionen Euro beläuft sich der entsprechende Multiplikator auf fast 32.
Fazit zur Knorr-Bremse Aktie
Knorr-Bremse hat sich über Jahrzehnte zu einem Marktführer hochgearbeitet. Auch wenn dem letzten Quartalsbericht deutliche Bremsspuren einer wirtschaftlichen Abschwächung zu entnehmen sind, das Geschäft scheint relativ robust durch die Krise zu kommen.
Maßgeblich wird das Unternehmen von dem Großaktionär, Heinz Hermann Thiele bestimmt. Er war der langjährige Unternehmenschef und hatte den kleinen Mittelständler zu einem Weltkonzern geformt. Im Geschäftsjahr 2019 kontrollierte die Familie Thiele noch über 70 % der Stimmrechte des Unternehmens.
Im Zuge der Beteiligung von Thiele an der Lufthansa, bei der er als Finanzinvestor ein großes Geschäft wittert, wurde das Aktienpaket zuletzt auf rund 65 % reduziert. Den zuletzt hohen Aktienkurs der Knorr-Bremse nutzte er schließlich für weitere Anteilsverkäufe. So wurde im September 2020 bekannt, dass er zehn Millionen Knorr-Bremse Aktien zu einem Verkaufspreis von 100 Euro abgestoßen hat. Sein Anteil an Knorr-Bremse soll damit auf unter 60 % sinken.
Eine weitere Unsicherheit ergibt sich aufgrund der Tatsache, dass der Konzernchef Bernd Eulitz erst kürzlich im gegenseitigen Einvernehmen aus dem Unternehmen ausgeschieden ist. Insidern zufolge lagen zwischen dem Aufsichtsrat und dem erst vor wenigen Monaten neu eingesetzten Vorstandsvorsitzenden tiefgreifende Meinungsverschiedenheiten vor. Sein Nachfolger ist bisher nicht bekannt, was erhebliche Unsicherheiten für Investoren mit sich bringt. Auch ist Eulitz nicht der erste Top-Manager, der das Unternehmen in der jüngsten Vergangenheit verlassen hat. Die Tatsache, dass der einflussreiche Großaktionär Thiele nach vier Jahren Pause wieder in den Aufsichtsrat der Knorr-Bremse zurückgekommen ist, lässt auf einen konzerninternen Machtkampf schließen.
Besonders in Kombination mit dem sinkenden Anteil von Thiele an Knorr-Bremse könnte sich eine neue Machtstruktur entwickeln, deren Dynamik aus heutiger Sicht für externe Investoren noch nicht einschätzbar ist.
Aus diesen Gründen, sowie der aktuell hohen Bewertung für ein zyklisches Unternehmen, ist die Aktie für sicherheitsorientierte Anleger aktuell kein Kauf.
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