Dementsprechend gut und schnell verkraftete die Hornbach Baumarkt Aktie den coronabedingten Einbruch im März 2020 auf das Tief von 13,85 Euro. Getrieben durch die schnelle Wiedereröffnung der Baumärkte in Deutschland konnte die Aktie im Oktober 2020 ein neues Allzeithoch von 42,80 Euro erreichen. Somit verdreifachte sich die Aktie in weniger als 6 Monaten. Seit über einem Jahr verharrt die Aktie jedoch in einer Spanne zwischen 32 Euro und 40 Euro und weitere Impulse für einen starken Anstieg scheinen derzeit zu fehlen.
Doch warum entwickelt sich die Aktie im Vergleich zum deutschen Gesamtmarkt derzeit so schlecht? Ist die Hornbach Baumarkt AG dennoch ein gutes Langzeitinvestment? Und gerät sie als Levermann Topscorer auch in das Visier von Dividendenjägern? Diese Fragen werden in der folgenden Analyse beantwortet.
Die Hornbach Gruppe selbst beschreibt sich als traditionsreiches Familienunternehmen mit einer 140-jährigen Unternehmensgeschichte. Im Jahre 1877 gründete Michael Hornbach in Landau in der Pfalz einen Handwerksbetrieb, der später von dessen Ur-Enkel zu einem Bau- und Gaalisten im Bereich für Großmärkte mit dem Thema „Garten und Hausbau“ avancierte. Im Jahr 1987 ging Hornbach an die Börse. Im Jahr 1993 erfolgte bei einem zweiten Börsengang die Unterscheidung zwischen der Hornbach Baumarkt AG und der Hornbach Holding AG. Seitdem sind beide Unternehmen eng miteinander verwoben, wobei der Hornbach Holding AG 76,4% der Anteile an der Hornbach Baumarkt AG gehören. Neben der Hornbach Baumarkt AG gehören der Holding auch die Tochtergesellschaften Hornbach Immobilien AG und die Hornbach Baustoff Union GmbH, die beide nicht börsennotiert sind. Die folgende Grafik verdeutlicht die Struktur der Hornbach Gruppe:
(Quelle: Konzernstruktur der HORNBACH Holding AG & Co. KGaA)
Der Free-Float und somit auch die Liquidität der Hornbach Holding AG ist also deutlich höher. Zudem befindet sich die Hornbach Holding AG im Gegensatz zu den Hornbach Baumärkten im deutschen SDAX.
Wie der Name bereits besagt, fokussiert sich die Hornbach Baumarkt AG auf Bau- und Gartenmärkte in ganz Europa. Das Unternehmen eröffnet hierbei gezielt Standorte in regionalen Einzugsgebieten mit einer Fläche von 10.000m2, um die Kunden mit dem größten Heimwerksbedarf zu bedienen und zugleich von Skaleneffekten und somit Kostenvorteilen zu profitieren.
Wichtig ist dem Unternehmen der Fokus auf den „Do-it-yourself“ Kunden, die in den Hornbach Märkten vermehrt nur die Rohstoffe besorgen, um Möbel sowie Einrichtungen zu Hause selbst anzufertigen oder durch Dritte anfertigen zu lassen. Als Zielgruppe bezeichnet das Unternehmen sowohl leidenschaftliche Heimwerker als auch gewerbliche Kunden.
Das Unternehmen gehört in diesem Sektor zu den fünf größten Unternehmen in Europa, ist jedoch vornehmlich in Deutschland aktiv. So befinden sich 96 der insgesamt 161 Baumärkte in Deutschland, gefolgt von den Niederlanden (15), Österreich (14) und Tschechien (10). Die unten stehende Grafik, deren Zahlen im aktuellen Geschäftsbericht zu finden sind, zeigt die geografische Verteilung der Baumärkte:
Die Produktpalette der Hornbach Baumarkt AG reicht von Eisenwaren und Elektrogeräten bis hin zu Sanitär und Fliesen oder auch Farbe sowie Pflanzen. Ca. 40 Prozent der über 500.000 angebotenen Produkte sind ebenfalls online erhältlich. Neben der klassischen Bestellung und Abholung im Markt bietet das Unternehmen zudem Dienstleistungen rund um die Lieferung und Entsorgung der beim Bau entstehenden Abfälle an.
Das erste Quartal des aktuellen Geschäftsjahres beendete die Hornbach Baumarkt AG mit einem Umsatzwachstum von 5,6 Prozent. Flächenbereinigt (um neu hinzu gekaufte Flächen adjustiert) konsumierten die Kunden ca. 4 Prozent mehr als im Vorjahresquartal. Durch die etwas geringere EBIT-Marge fiel das operative Ergebnis jedoch mit 153,8 Millionen Euro etwas geringer aus als im ersten Quartal des Vorjahres (160 Millionen Euro). Gegenüber dem Vorjahreszeitraum ging auch das Nettoergebnis um ca. 4 Prozent zurück.
Dies ist vor allem der Sonderkonjunktur des Vorjahres durch den Ausbruch des Coronavirus geschuldet. Historisch liegt das Unternehmen mit einer EBIT Marge von über 9 Prozent deutlich über den Jahren vor dem Ausbruch des Virus.
Bemerkenswert ist das hohe internationale Wachstum. Während das Segment der Baumärkte in Deutschland nur um 0,8 Prozent im Umsatz wachsen konnte, wurde international ein Umsatzwachstum von 11 Prozent erzielt. Auch der Onlinehandel des Unternehmens boomt weiterhin. Während der E-Commerce im Geschäftsjahr 2017/2018 nur ca. 7 Prozent des Umsatzes ausmachte, waren es im vergangenen Jahr bereits über 16 Prozent. Durch das Onlinewachstum von 71 Prozent im 1. Quartal dieses Jahres konnte dieser Anteil über die vergangenen 12 Monate sogar auf 19 Prozent ausgeweitet werden. Dies ist vor allem insofern relevant, da im E-Commerce deutlich höhere Margen erzielt werden können und die Profitabilität auch zukünftig weiter steigen könnte.
Für das Gesamtjahr peilt das Unternehmen für die Baumarkt AG ein Umsatzplus zwischen 1 Prozent und 5 Prozent an. Die bereinigte EBIT-Marge wird auf 4,6 Prozent bis zu 5,1 Prozent avisiert, wodurch ein leichter Rückgang des operativen Ergebnisses zu erwarten ist. Wie im unten stehenden Chart sichtbar, liegt die Zielmarge jedoch weiterhin deutlich über dem Niveau der letzten drei Jahre:
Neben der Ausweitung der EBIT-Marge, die über Vor-Corona Geschäftsjahr 2019/2020 (4,1%) und dem 20-Jahresdurchschnitt liegt, jedoch geschäftsbedingt weiterhin sehr niedrig ist, konnte auch die Eigenkapitalrendite in den vergangenen Jahren deutlich gesteigert werden. Derzeit liegt diese bei 12 Prozent, wie im unten stehenden Chart zu sehen ist:
Dies ist jedoch neben der positiven operativen Entwicklung auch auf den prozentualen Rückgang des Eigenkapitals am Gesamtkapital zurückzuführen. Diese liegt bei knapp über 30 Prozent, während im Juli 2018 noch etwas mehr als die Hälfte der Vermögenswerte des Unternehmens durch Eigenkapital finanziert wurden.
Eine stärkere Fokussierung auf die Finanzierung durch Fremdkapital kann aufgrund der derzeit niedrigen Bewertung des Unternehmens und des günstigen Zinsumfeldes durchaus sinnvoll sein, sofern das Unternehmen weiterhin eine starke Bilanz ausweist. Aufgrund der hohen Deckung der Schulden durch kurzfristige sowie langfristige Vermögenswerte sehen die Liquiditätskennzahlen weiterhin sehr gut aus. Daher kann, die Bilanz als durchaus gesund angesehen werden.
Auch die verringerte Eigenkapitalquote von 33 Prozent wird positiv in der Levermann-Analyse gewürdigt, die eine Quote von 25 Prozent als kritische Marke ansetzt. Außerdem ist erkennbar, dass die Schulden in den vergangenen Jahren nicht stärker zugenommen haben, was ebenfalls sehr positiv zu werten ist.
Abschließend ist die Dividendenrendite von 2,5 Prozent zu erwähnen, die deutlich über dem 10-Jahresdurchschnitt von 2,3 Prozent liegt. Über die letzten 10 Jahre hat das Unternehmen zudem seine Dividende stets erhöht oder zumindest stabil gehalten. Eine Dividendenkürzung gab es nicht. Dennoch ist die Ausschüttungsquote mit knapp über 25 Prozent weiterhin konservativ. Das lässt Spielraum für weitere Anhebungen, besonders im Falle weiterhin steigender Margen durch den Onlinehandel. Für 2022 wird eine Ausschüttung von 90 Cent je Aktie erwartet.
Ein Blick auf den KGV-Chart zeigt, dass das Unternehmen trotz des starken Anstiegs des Aktienkurses im Jahr 2020 durchaus günstig bewertet ist und historisch gesehen sogar am unteren Ende der Spanne bewertet wird.
Aktuell liegt das KGV knapp über 10, wobei es im Juli 2020 noch bei knapp 17 lag. Im 3-Jahresvergleich ist das Unternehmen damit nicht teuer, wie auf am Chart des Forward-KGVs sichtbar wird.
Das Forward-KGV von 8,44 liegt nur knapp über dem 3-Jahrestief von 7,25. Das EV/Sales Verhältnis liegt derzeit auch bei niedrigen 0,48. Dies ist allerdings für margenschwache Geschäftsmodelle wie das von Hornbach durchaus nicht ungewöhnlich.
Die Hornbach Baumarkt AG stellt derzeit einen interessanten Investmentcase dar. Durch die Seitwärtskonsolidierung des starken Anstiegs im Jahr 2020 ist die Aktie derzeit günstig bewertet und zudem ein verlässlicher Dividendenzahler.
Allerdings birgt das Geschäftsmodell auch einige Risiken. Es ist durchaus möglich, dass der derzeitige Boom der Gestaltung des Eigenheims und auch der „Do-it-yourself“ Trend abnimmt, sobald mehr Arbeitskräfte in ihre Büros zurückkehren und somit sowohl weniger Zeit zu Hause verbringen können. Dadurch könnten sich auch die Prioritäten weg von der Gestaltung der eigenen vier Wände hin zu Erlebnissen, Restaurant-Besuchen und Reisen verschieben.
Des Weiteren ist hinzuzufügen, dass das Geschäftsmodell von Hornbach traditionell sehr margenschwach ist. Verminderter Konsum oder auch einer Abkehr von den beschriebenen Trends könnten deutliche Auswirkung auf das Nettoergebnis des Unternehmens haben, wodurch folglich auch die Dividendenkontinuität gefährdet sein könnte. Derzeit deutet jedoch nichts auf eine solche Entwicklung hin. Zudem war es dem Unternehmen möglich, in den letzten Jahren seine Dividenden kontinuierlich zu steigern, ohne eine zu hohe Ausschüttungsquote zu riskieren. Hier besteht also durchaus Spielraum in schlechten Zeiten, ohne Dividenden kürzen zu müssen. Das Risiko wird deshalb als sehr gering eingeschätzt.
Vielmehr deutet die positive Entwicklung des Onlinehandels auf eine zukünftige Steigerung der Profitabilität hin. Auch ohne den Onlinehandel ist Hornbach aktuell günstig bewertet und ist besonders im Vergleich mit dem aktuell hoch bewerteten breiten Aktienmarkt einen genaueren Blick wert.
In Zeiten stark steigender Notierungen und Bewertungen stellt die Hornbach Baumarkt AG eine spannende Alternative dar.
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Der Autor und/oder mit dem aktien.guide verbundene Personen oder Unternehmen besitzen oder können Anteile von Hornbach besitzen. Dieser Beitrag stellt eine Meinungsäußerung und keine Anlageberatung dar. Bitte beachte die rechtlichen Hinweise.