Eine genauere Erklärung des Geschäftsmodells sowie der Zahlen folgt in dieser Alfen Aktienanalyse in den folgenden beiden Abschnitten. Nur so viel bereits vorweg: Das Geschäftsjahr 2022 lief für Alfen wie geschmiert. Insgesamt 76 Prozent konnte Alfen im Umsatz im vergangenen Jahr wachsen. Dies ist eine deutliche Beschleunigung gegenüber der Vorjahre 2020 und 2021, in denen jeweils 32 Prozent Wachstum zu Buche standen. Dementsprechend konnte sich Alfen im sehr schwierigen Aktienumfeld sehr stabil halten. Ähnlich wie andere im Sektor der erneuerbaren Energien aktive Unternehmen wie Solar- und Windparkbertreiber und deren Produzenten ließ Alfen den breiten Aktienmarkt deutlich hinter sich. Auf Jahressicht 2022 blieb der Kurs nahezu unverändert.
Schaut man sich längere Zeiträume an, ist die Aktienkursentwicklung dafür umso beeindruckender: Auf 3-Jahressicht steht ein Plus von 280 Prozent, seit dem Börsengang im März 2018 sogar eine Rendite von 621 Prozent.
Quelle: Alfen Aktienkurs
Von seinen Höchstständen von knapp 120 Euro ist Alfen jedoch wieder ein gutes Stück zurückgekommen. Nach den Jahreszahlen am 15. Februar bewegte sich die Aktie um die 80 Euro. Nun notiert die Alfen Aktie bei rund 70 Euro. Ob das aktuell eine günstige Einstiegschance oder der Beginn einer größeren Durststrecke für Aktionäre wird, wird in der folgenden Alfen Aktienanalyse analysiert.
Das Unternehmen Alfen wurde bereits im Jahr 1937 von J. van Alfen gegründet. Das Unternehmen fokussierte sich auf Geräte für Hoch- und Niederspannung. Kurz nach der internationalen Expansion nach Großbritannien und nach Deutschland im Jahr 2014 ging das Unternehmen dann erst im Jahr 2018 an die Börse – über 80 Jahre nach der Gründung. Mittlerweile ist auch Alfens Geschäftsmodell ein komplett anderes. Das Unternehmen fokussiert sich auf drei verschiedene Bereiche bei der Bereitstellung von Energie: Intelligente Stromnetze, Ladeinfrstruktur für Elektroautos und Energiespeicher.
Der Geschäftsbereich ‚Smart Grids‘ oder auch intelligente Stromnetze stellte bis vor Kurzem noch den größten, aber auch am langsamsten wachsenden Geschäftsbereich dar. Intelligente Stromnetze sind ein Überbegriff für die Erzeugung, Speicherung und Verbrauch von Strom. Da saisonal, geographisch oder je nach Uhrzeit unterschiedlich viel Strom produziert wird, sind intelligente Stromnetze dafür da, diese Unterschiede auszugleichen. Sollte temporär an windigen Tagen beispielsweise enorm viel Windenergie produziert werden, sorgt ein intelligentes Stromnetz für eine Abregelung der Produktion, um eine Überlastung des Systems zu verhindern. Zudem wird eine wellenartige Stromversorgung in den Stromnetzen ausgeglichen, d. h. auch Engpässe in der Stromproduktion können mittels intelligenten Stromnetzen kompensiert werden.
Als Teile der intelligenten Stromnetze sind zunehmend auch ‚Micro Grids‘, also Mikrostromnetze, gefragt, die autark operieren. Das bedeutet, dass Teilnetze auch selbstständig Strom produzieren können und bei Netzproblemen in einen Inselmodus schalten können. Folglich werden Verbraucher weiterhin von Strom versorgt, während das Hauptnetz ausgefallen ist. Dies ist besonders für die sogenannte kritische Infrastruktur wie Polizeistationen, Krankenhäuser etc. von Relevanz. Alfen bietet hier Trafostationen, die die höhere Stromstärke von Mittelspannnetzen in niedrigere Stromstärke für lokale Niederspannnetze umwandeln, an.
Zudem umfasst das Angebotsspektrum von Alfen Wartungs- und Serviceleistungen sowie die automatisierte Überwachung des Stromnetzes (Substation Connect), um potenzielle Probleme sowie die Stromverteilung immer im Auge zu haben.
Dem Marktforschungsunternehmen Markets and Markets zufolge soll der “Intelligente Stromnetze Markt” bis 2026 mit knapp 20 Prozent jährlich wachsen.
Alfen hat derzeit vier verschiedene Produkte im Angebot. Die Ladelinie, die sich Eve nennt und für den Heimgebrauch sowie für die Ladeinfrstruktur am Arbeitsplatz geeignet ist, und den Twin, die als öffentliche Ladestation konzipiert ist. Die drei Ausprägungen des Eve sehen wie folgt aus:
Quelle: Alfen charging stations
Während die Single S-line nur für den Heimgebrauch geeignet ist, kann die Pro-line auch in bspw. Parkgaragen installiert werden. Die Eve Double Pro-line hat eine deutlich höhere Ladekapazität und ist daher ausschließlich für die Installation am Arbeitsplatz geeignet. Die Twin Ladestation hat wiederum ein ganz anderes Design als die sogenannten Wallboxen und benötigt eine größere Infrastruktur.
Alfen betont, das beste und intelligenteste Ladesystem auf dem Markt zu haben, was besonders für die Eve Double Pro-line gilt. Die Ladesboxen sind alle untereinander verbunden und steuern so gleichmäßig die Stromspannung (Volt). Folglich orientiert sich die Ladegeschwindigkeit rein an den gleichzeitig ladenden Autos. Sobald ein Auto ausreichend geladen ist und somit vom Ladenetz getrennt wird, steht den anderen Autos eine höhere Stromspannung zur Verfügung. Jede Ladestation innerhalb dieses intelligenten Ladenetzwerks bleibt jedoch individuell bedienbar.
Und wie es sich für „intelligente“ Geräte gehört, sind die Ladeboxen zumindest zu Hause per App installier- und steuerbar. Der Ladefortschritt sowie weitere Informationen können zudem auf den oben abgebildeten HD-Bildschirmen in der Mitte der Wallbox beobachtet werden.
Für die oben angesprochenen intelligenten Stromnetze ist vor allem eins von Bedeutung: Dass der Strom auch gespeichert werden kann. Die Stromspeicher von Alfen nennen sich „TheBattery Elements“ und „TheBattery Mobile“. Beide haben unterschiedliche Anwendungsmöglichkeiten, sind allerdings sehr ähnlich konzipiert. Wie der Name schon sagt, ist die mobile Ausfertigung von TheBattery vor allem für den mobilen Gebrauch konzipiert. Sie wird immer dann gebraucht, wenn Energie mobil bereitgestellt werden muss, wie beispielsweise bei Festivals oder anderen Veranstaltungen sowie Baustellen. Auch im maritimen Bereich findet TheBattery Mobile Anwendung.
Die Version Elements kann vor allem in Solar- und Windparks eingesetzt werden, um die schwankende Energieversorgung auszugleichen. Gleichzeitig kann der Energiespeicher aber auch in Kraftwerken oder Rechenzentren sowie für den Energiehandel eingesetzt werden.
Kurz zusammengefasst: Herausragend. Auch wenn die negative Reaktion nach Bekanntgabe der Zahlen dies nicht widerspiegelt. Diese dürfte jedoch eher auf den Ausblick bezogen sein als auf die Zahlen zum Jahr 2022, war die Aktie doch in den ersten Handelsminuten über 10 Prozent im Plus.
Eine solche Reaktion auf die Zahlen wäre auch völlig gerechtfertigt, denn Alfen konnte im Jahr 2022 im Umsatz um 76 Prozent und beim Nettogewinn sogar um sagenhafte 147 Prozent wachsen.
Quelle: Alfen Finanzdaten
Auch im Vergleich zu den Vorjahren konnte das Wachstum nochmal deutlich beschleunigt werden, wie folgende Tabelle von Alfen zeigt:
Quelle: Alfen Press Release Q4
Während in den Vorjahren stabil ein Wachstum von 30-40 Prozent erreicht wurde, sind die Zahlen im Jahr 2022 förmlich explodiert. Getrieben war das Wachstum vor allem durch die Ladeinfrastruktur mit einem Jahreswachstum von 143 Prozent und den Energiespeichern mit einem Wachstum von 157 Prozent im Jahresvergleich, die jedoch auch teilweise akquisitionsbedingt sein können, wenngleich es hierauf keinerlei Hinweis gibt. Das Segment der intelligenten Stromnetze wuchs um 11 Prozent.
Da die Bedeutung der beiden schnell wachsenden Segmente am Gesamtumsatz weiter zunimmt, mutet der Ausblick mit einem Wachstum zwischen 22 und 36 Prozent für das Gesamtjahr 2023 fast enttäuschend an. Dies haben auch die Investoren wohl so gesehen, als sie die Aktie erstmal auf Talfahrt schickten. Jedoch muss man bedenken, dass die Wachstumsannahmen von Alfen generell eher konservativ gesetzt sind. Zudem basieren sie für das Jahr 2023 auf einer deutlich höheren Basis. Je größer die Umsätze werden, desto schwerer fällt hochprozentiges Wachstum.
Final bleibt zu erwähnen, dass die EBITDA-Marge in den vergangenen Jahren kontinuierlich gesteigert werden konnte. Lag sie 2017 noch bei 6,6 Prozent, waren es im vergangenen Jahr 2022 schon 18,0 Prozent. Das bedeutet, dass Investoren auch zukünftig mit überproportional steigenden Gewinnen rechnen können. Jedoch ist zu erwähnen, dass Alfen bekanntgab, in neue Produktionswerkstätten zu investieren. Das hat zwar keine Auswirkungen auf den Gewinn, aber auf den Cash-Flow des Unternehmens, also auf die in eine Periode (=Jahr) erwirtschafteten Finanzmittel. Dies ist jedoch für weiteres Wachstum sowie um den Vorsprung gegenüber der Konkurrenz zu halten zwingend nötig.
Auffällig beim CEO Marco Roeleveld ist, dass er kein „technischer“ CEO ist. Marco machte seinen Abschluss im Bereich BWL und hat somit aus der Ferne betrachtet kein tieferes Verständnis von Stromnetzen und Ladeinfrastruktur. Dafür allerdings von operativen und finanziellen Vorgängen innerhalb einer Firma. Dies ist durchaus ungewöhnlich, allerdings nicht zwingend negativ. Die Einschätzung überlasse ich den Investoren selbst. Positiv ist auf jeden Fall hervorzuheben, dass Marco bereits seit 1997 bei Alfen arbeitet und seit 2015 im Vorstand tätig ist. Unterstützt wird er im Vorstand von Jeroen van Roessen als CFO, der zuvor bei der KPMG tätig war, und Michelle Lesh, die einen technischen Abschluss hat und bereits in verschiedenen Rollen bei General Electric tätig war. Sie ist als Chief Commercial Officer bei Alfen tätig.
Ganz einfach: Hohes Wachstum, niedrige Verschuldung, und eine historisch niedrige Bewertung, deren Analyse im Folgeabschnitt analysiert wird. Alfen erhält volle Punktzahl in den Bereichen Umsatzwachstum, Rule-of-40 Score und der PEG-Ratio, die das das KGV in Relation zum Wachstum setzt. Überall ist, wie Ihr sehen könnt, das Wachstum Teil der Kennzahlen.
Außerdem hat Alfen eine kerngesunde Bilanz mit einem hohen Eigenkapitalanteil, was ebenso positiv zu bewerten ist. In Summe kommt Alfen dadurch auf 15 von 18 möglichen Punkten. Diese verteilen sich wie folgt:
Quelle: Alfen HGI-Analyse
Sowohl auf Basis des EV/Sales als auch auf Basis des KGVs ist Alfen so günstig bewertet wie seit Beginn der Corona-Krise nicht mehr. Trotzdem wuchs das Unternehmen in 2022 so stark wie noch nie seit dem Börsengang. Klar – viele Unternehmen wurden im letzten Jahr für die astronomischen Bewertungen, die sich während Corona aufgebaut haben, abgestraft und finden langsam zu normalen Niveaus zurück. So auch Alfen – jedoch ist ein EV/Sales von knapp über 3 für ein Unternehmen, was seit Jahren mit 30 Prozent pro Jahr im Umsatz wächst und dabei profitabel ist, nicht außergewöhnlich hoch.
Das KGV liegt nach Vorlage der Zahlen für das Q4 bei ca. 30.
Quelle: Alfen Aktie KGV Entwicklung
Für ein Unternehmen, dass im kommenden Jahr zwischen 25-35 Prozent im Umsatz wachsen wird und in diversen Trendmärkten unterwegs ist, ist das überaus fair. Zumal man davon ausgehen kann, dass Alfen im Gewinn weiter überproportional wachsen wird, wie es in den vergangenen Jahren der Fall war. Einen stark wachsenden europäischen Marktführer in einem über Jahre hinweg globalen Wachstumsmarkt – Investoren finden in Alfen aktuell eine attraktive Kombination.
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Der Autor und/oder mit dem aktien.guide verbundene Personen oder Unternehmen besitzen oder können Anteile von Alfen besitzen. Dieser Beitrag stellt eine Meinungsäußerung und keine Anlageberatung dar. Bitte beachte die rechtlichen Hinweise.